Markus Söder, der so stolz auf seine feine politische Witterung ist, hat einen schweren taktischen Fehler begangen. Er hat Armin Laschet so stark in die Ecke gedrängt, dass dieser die Kanzlerkandidatur nicht ohne kompletten Gesichtsverlust hätte aufgeben können.
Söders Fehler
Ohne Kanzlerkandidatur müsse Laschet auch als CDU-Chef zurücktreten, hatte der hochgeachtete CDU-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble bereits am Montag vor der Sitzung des CDU-Bundesvorstandes gewarnt. Und das nur drei Monate nach Laschets Wahl zum CDU-Parteichef.
Es wäre dies ein nicht zu verkraftender Schaden für die CDU, den Söder auch nicht mit seinen guten Umfragewerten hätte kompensieren können. Und so blieb Laschet nichts anders übrig, als den Kampf gegen Söder bis zum bitteren Ende zu führen.
Laschet: Keine «Lusche», sondern Machtpolitiker
Immerhin: Armin Laschet hat bewiesen, dass er eben keine «Lusche» ist, wie ihm manchmal nachgesagt wurde, sondern ein knallharter Machtpolitiker. Das ist eine optimale Voraussetzung für ihn persönlich im Kampf ums Kanzleramt.
Gleichzeitig hat die Union insgesamt massiv gelitten. Es gibt nicht nur einen Riss zwischen CDU und CSU, auch die CDU selbst ist tief gespalten: Zwischen Ost und West, ja sogar innerhalb der Landesverbände.
Ein Spinnennetz hässlicher Risse
Bei genauerer Betrachtung gibt es sogar ein ganzes Spinnennetz hässlicher Risse innerhalb der CDU. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff erklärte zum Beispiel, die gesamte ostdeutsche CDU stehe hinter Söder. Sekundiert wurde er von Sachsen und Thüringen, während Brandenburg widersprach.
Es gab nicht nur Gräben innerhalb der grossen Landesverbände des Westens, es gab sogar unterschiedliche Meinungen zwischen den CDU-Landesvorsitzenden und ihrer eigenen Basis. Das war aus den Twitter-Meldungen abzulesen, die aus der fast siebenstündigen Sitzung des Bundesvorstandes fast schon im Livestream kolportiert wurden.
Wie reagiert Söder?
67 Prozent des CDU-Bundesvorstandes haben für Armin Laschet votiert. Das ist ein ehrliches Resultat. Aber reicht es auch aus, um Kanzler zu werden? Noch ist nicht klar, ob Markus Söder dieses Verdikt akzeptieren und wie er darauf reagieren wird. Die CSU muss dem Entscheid des CDU-Vorstandes auch formal zustimmen.
Es wird ganz darauf ankommen, wie sehr sich Markus Söder als Wahlkämpfer für Armin Laschet engagieren will und ob er seine enttäuschten Anhänger für den CDU-Parteichef mobilisieren kann.
Vielleicht reicht es für den Sieg
Vielleicht reicht es insgesamt noch für einen Wahlsieg. Denn die Union ist noch immer eine Machtmaschine, und ihre Anhänger wollen, dass CDU und CSU regieren. Andererseits lässt sich noch nicht absehen, wie sehr die Statik des «Unionshauses» durch das politische Erdbeben gelitten hat.