- CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat auf dem Bundesparteitag in Leipzig die Machtfrage gestellt – und diese vorerst für sich entschieden.
- Den Rücktritt vom Parteivorsitz hat sie in einer pointierten Rede als Reaktion auf anhaltende Kritik angeboten.
Mit dem Rückzugsangebot schloss Kramp-Karrenbauer ihre rund eineinhalbstündige Rede ab, in der sie eine Änderung des Sozialstaats in Deutschland gefordert hatte.
«Wenn ihr der Meinung seid, dass dieses Deutschland, so wie ich es möchte, nicht das Deutschland ist, das ihr wollt – wenn ihr der Meinung seid, dass dieser Weg, den ich gemeinsam mit euch gehen will, nicht der Weg ist, den ihr für den richtigen haltet: Dann lasst es uns heute aussprechen, dann lasst es uns heute auch beenden», sagte sie am Freitag. Die über 1000 Delegierten reagierten mit stehenden Ovationen.
Jeder soll sich einbringen. Und wenn er eine andere Meinung vertritt als ich, dann ist das lebendige Demokratie.
Oder doch die Ärmel hochkrempeln?
Kramp-Karrenbauer fügte hinzu: «Aber wenn ihr der Meinung seid, dass ihr dieses Deutschland wollt, wenn ihr der Meinung seid, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen sollten, wenn ihr die gleiche Lust am Gestalten und Verantworten habt, wie ich das habe, dann lasst uns hier und jetzt und heute die Ärmel hochkrempeln und anfangen.»
Die Delegierten reagierten mit rund sieben Minuten stehenden Ovationen und Jubel für die Parteichefin. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wertete den Applaus so: «Heute wird nicht Schluss gemacht, heute geht's erst richtig los.» Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lobte Kramp-Karrenbauer für eine «mutige und ehrliche» Rede.
Der frühere CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz hat beim CDU-Parteitag demonstrativ seine Loyalität zur Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer beteuert. «Wir sind loyal zu unserer Vorsitzenden, zu unserer Parteiführung und zur Bundesregierung», sagte der frühere deutsche CDU/CSU-Fraktionschef in der Aussprache nach der Rede der Parteichefin in Leipzig. Kramp-Karrenbauer habe eine «kämpferische, mutige und nach vorn zeigende Rede gehalten», lobte er.
Entscheidung über Ausrichtung erst Ende 2020
Die CDU wird ihre Grundsatzentscheidung über ihre künftige Aufstellung nach
Ansicht von Friedrich Merz erst im Dezember 2020 treffen. Nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer die Machtfrage gestellt hatte, ging der Vizevorsitzende des Wirtschaftsrates in seiner Rede nicht darauf ein.
«Nein, nicht dieser Parteitag wird die endgültigen Entscheidungen bringen», sagte er, liess allerdings offen, ob er damit die Personalentscheidung über einen Unions-Kanzlerkandidaten oder das Grundsatzprogramm der Partei
meinte. «Wir sind am Anfang dieses Prozesses und ganz gewiss nicht am Ende», sagte Merz, der vor dem Parteitag massive Kritik an der Bundesregierung geäussert hatte. Ihm werden Ambitionen nachgesagt, Kanzlerkandidat der Union zu werden.