- Die EU-Kommission will im Fall eines chaotischen Brexits dem Zusammenbruch von Güter- und Luftverkehr sowie von Finanzflüssen mit verschiedenen Notfallmassnahmen entgegenwirken.
- Das Risiko eines Ausscheidens Grossbritanniens aus der EU am 29. März ohne Regelwerk steigt.
- Die britischen Spitzenverbände der Wirtschaft warnen derweil vor einem vertragslosen Austritt.
Die Europäische Union hat 100 Tage vor dem geplanten Brexit eine Reihe von Notfallmassnahmen für den Fall eines ungeordneten Austritts Grossbritanniens beschlossen. Die Pläne seien notwendig, um «den schlimmsten Schaden eines 'No Deal'-Szenarios zu begrenzen», teilte die EU-Kommission mit.
Ganze Lieferketten könnten zerstört werden
Wovor man sich im Fall eines chaotischen Austritts im März wappnen müsse, lassen derzeit die britischen Unternehmensverbände verlauten. Die Idee, dass ein solcher «No-Deal»-Brexit zu bewältigen wäre, sei unglaubwürdig, hiess es in einer gemeinsamen Erklärung der fünf grössten Verbände des Landes.
Sollte kein Abkommen über den Austritt in Kraft treten, würden über Nacht Tausende Regelungen für den grenzüberschreitenden Verkehr und Handel zwischen Grossbritannien und der EU ungültig werden. «Unternehmen wären mit heftigen neuen Zöllen und Abgaben konfrontiert. Verzögerungen an Häfen könnten sorgfältig abgestimmte Lieferketten zerstören», so die Wirtschaftsvertreter.
Die bessere Lösung wäre aber, den Vertrag zu unterzeichnen.
Solchen Szenarien im Güter-, Finanz- und Luftverkehr will die EU mit ihrem Massnahmenplan entgegenwirken.
Dennoch: Es könnte lediglich ein Grundangebot an Flügen zwischen der EU und Grossbritannien gewährleistet werden. Voraussetzung sei allerdings, dass London den EU-Airlines die gleichen Rechte einräume. Auch im Güterverkehr auf der Strasse soll eine Basisversorgung sichergestellt werden.
Soldaten sollen aufgeboten werden
Diese Sicherung würde es britischen Spediteuren erlauben, vorübergehend weiter in die EU zu fahren und umgekehrt, erklärte die Kommission. Auch die Finanzströme sollen dank neuer Regeln bei einem harten Brexit weiter fliessen. «Wir ergreifen Massnahmen, um Verwerfungen zu begrenzen», sagte EU-Kommissions-Vize Valdis Dombrovskis. «Die bessere Lösung wäre aber, den (Brexit)-Vertrag zu unterzeichnen.»
Auch die britische Seite treibt ihre Vorbereitungen für einen Brexit ohne Abkommen voran. In Kürze will London einen Entwurf für ein künftiges Einwanderungssystem vorstellen. Zudem sollen 3500 Soldaten mobilisiert werden, um auf eventuelle Notfälle nach einem harten Brexit vorbereitet zu sein.
Das Risiko eines Ausscheidens Grossbritanniens aus der EU am 29. März ohne Regelwerk steigt. Die britische Regierung findet derzeit keine Mehrheit im Parlament für den mit der EU ausgehandelten Ausstiegsvertrag. In der vergangenen Woche war die britische Premierministerin Theresa May mit dem Versuch gescheitert, der EU auf einem Gipfeltreffen weitere Zugeständnisse abzutrotzen.