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Indien: Lockerungen trotz weiterer Ansteckungen
Aus Rendez-vous vom 02.06.2020. Bild: Keystone
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Corona auf dem Subkontinent «Indien kann sich den Lockdown nicht mehr leisten»

Die Folgen des Lockdowns in Indien im März waren vor allem für die Ärmsten im Land verheerend. Millionen von Taglöhnern blieben in den Städten hängen, ohne Einkommen, ohne Essen, ohne die Möglichkeit, nach Hause zu reisen.

Trotz des Lockdowns begann sich das Coronavirus im bevölkerungsreichsten Land der Welt zu verbreiten. Noch immer steigt die Zahl der Infizierten stark an, derzeit gibt es rund 200'000 bestätigte Coronafälle in Indien.

Trotzdem wird der Lockdown in Indien beendet. Das Land könne sich den Stillstand schlicht nicht mehr leisten, sagt SRF-Korrespondent Thomas Gutersohn.

SRF News: Wie sehen die Lockerungen in Indien aus?

Thomas Gutersohn: Ab sofort werden erste Zug- und Flugverbindungen wieder in Betrieb genommen. In den nächsten Tagen sollen Geschäfte und Büros wieder öffnen, wenn auch mit reduzierten Kapazitäten. Vielerorts werden Restaurants und Einkaufszentren geöffnet – und das, obwohl die Infektionszahlen weiter steigen. Derzeit werden in Indien täglich mehr als 8000 Neuinfektionen gemeldet.

Warten auf den Bus, kaum jemand hat eine Gesichtsmaske, die etwas nützt.
Legende: Auch zwei Monate nach dem Lockdown haben es Millionen Inder noch nicht in ihre Dörfer zurückgeschafft. Reuters

Wieso will die Regierung trotzdem aus dem Lockdown raus?

Sie kann fast nicht anders. Die indische Wirtschaft kann sich einen längeren Lockdown gar nicht leisten, in dem sich das Land seit genau 69 Tagen befindet. Das hat laut der Denkfabrik CMIE allein im April mehr als 27 Millionen jungen Arbeitern die Stelle gekostet. Der Dienstleistungssektor entlässt Leute, die Industrie steht still.

Allein im April haben 27 Millionen junge Inder ihre Arbeit verloren.

Zudem merkt die Regierung jetzt, dass ihre Unterstützungskredite kaum etwas nützen. Zwar kündigte sie vor zwei Wochen ein Paket im Umfang von umgerechnet 270 Milliarden Franken an, doch kaum ein Unternehmer will derzeit investieren. Auch wurde in das Paket vieles hineingepackt, das den Ärmsten kaum zugutekommt; etwa die ausgefallenen Steuereinnahmen.

Halle mit Feldbetten.
Legende: In den grossen Städten sollen die Covid-19-Kranken in ad-hoc-Spitälern untergebracht werden – wie hier in Mumbai, wo die Pandemie am stärksten wütet. Reuters

Nimmt man jetzt nicht zugunsten der Wirtschaft eine weitere Ausbreitung des Coronavirus in Kauf?

Das ist so. Mit den Zügen und Fluglinien, die den Betrieb wieder aufnehmen, fördert sie die Verbreitung geradezu. So läuft Indien Gefahr, dass sich das Virus nun vermehrt von den Grossstädten aufs Land ausbreitet. Bislang waren die ländlichen Gebiete kaum betroffen.

Welche Regeln gelten in Indien, um die Menschen zu schützen?

Social Distancing und Schutzmasken sind auch hier die wichtigsten Massnahmen – neben dem Lockdown. Doch mit der Öffnung läuft man jetzt Gefahr, dass die bislang erzielten Erfolge gegen die Pandemie zunichtegemacht werden.

Indien könnte bald mit einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus zu kämpfen haben.

Indien könnte schon bald in die grösste Wirtschaftskrise der jüngsten Geschichte schlittern und gleichzeitig mit einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus zu kämpfen haben.

Krankentransport einer Leiche, alle Helfer in weisser Schutzkleidung.
Legende: Die Zahl der Infizierten steigt in Indien immer noch stark an. Bislang sind knapp 6000 Menschen offiziell an Covid-19 gestorben. Reuters

Wie stark sind die indischen Spitäler jetzt schon ausgelastet?

In den Hotspots der Pandemie, etwa in Mumbai, sind die Spitäler jetzt schon überlastet. Manche Spitäler haben Patienten, die auf eine Operation warteten, auf die Strasse gesetzt – einige von ihnen übernachten jetzt unter einer Autobahnunterführung. In anderen Regionen Indiens scheinen die Spitäler noch nicht derart stark am Anschlag zu sein.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Rendez-vous, 02.06.2020, 12:30 Uhr;

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