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Corona-Ausstiegsplan steht Österreich mit bester Zwischenzeit

«Wir haben in Österreich schneller und restriktiver reagiert als in anderen Ländern. Das gibt uns jetzt die Möglichkeit, schneller wieder aus dieser Krise herauszukommen», sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz heute an einer mit Spannung erwarteten Pressekonferenz.

Mehr Genesungen als Neuinfektionen

Sein Plan: Unmittelbar nach Ostern sollen kleinere Geschäfte bis 400 Quadratmeter wieder öffnen dürfen. Ab Mai dann alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure. Allerdings nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wie dem Tragen von Masken und einer limitierten Anzahl von Kunden im Geschäftslokal.

Zurück zur Normalität – so soll es ablaufen:

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Ab 14. April sollen kleinere Geschäfte bis 400 Quadratmeter wieder öffnen dürfen. Ab 1. Mai sollen alle Geschäfte, Einkaufszentren und Friseure wieder öffnen dürfen – aber nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen wie dem Tragen von Masken und einer limitierten Anzahl von Kunden im Geschäftslokal. Alle anderen Bereiche, Hotels und Gastronomie sollen erst Mitte Mai folgen dürfen.

Veranstaltungen werden bis Ende Juni nicht mehr stattfinden dürfen. Dazu zählen alle Sport- und Kulturevents unter Einbeziehung von Publikum.

Weiterhin gelte es, soziale Kontakte zu meiden und Abstand zu halten. Auch solle man nicht mit Menschen ausserhalb des eigenen Haushalts Ostern feiern. Noch immer dürfen sich nirgendwo im Land mehr als fünf Personen versammeln. Schutzmasken müssen nach Ostern auch in öffentlichen Verkehrsmitteln getragen werden.

Der ambitionierte Plan hat gute Gründe: «Der Peak scheint erreicht zu sein», schreibt die Zeitung «Die Presse» heute. Im Klartext: Die Zahl der Genesungen übersteigt in Österreich jene der Neuinfektionen.

Problematische Ostern?

Es sei ein «Etappensieg» sagte der Chef der ORF-Wissenschaftsredaktion nach der Bekanntgabe des Ausstiegsplans. Wenn schon eine Metapher aus dem Sport, dann wäre wohl «beste Zwischenzeit für Österreich» treffender gewesen.

Denn der Plan wird nur umgesetzt, wenn die Ansteckungsahlen weiter zurückgehen. Ostern ist dabei ein problematischer Termin, weil sich dann traditionell Familien und Freunde zum Ostermahl oder Picknick treffen.

Nicht immer alles verfassungskonform

Kein anderes europäisches Land hat die Ausbreitung des Corona-Virus so erfolgreich gebremst, wie die Donaurepublik. Und das, obwohl es mit Tirol einen Virus-Hotspot beklagt. Die Regierung handelte trotz grossen Meinungsverschiedenheiten in der konservativ-grünen Regierung rasch und entschlossen.

Dabei schoss sie zwar auch mehrmals über das Ziel hinaus. So verboten Polizisten in Wien zeitweise den Aufenthalt auf öffentlichen Parkbänken, was sich als verfassungswidrig erwies. Über Ostern wollte die Regierung gar Polizisten von Haus zu Haus schicken, um zu kontrollieren, dass sich nirgends mehr als fünf Personen zum Ostermahl versammeln. Auch diese Massnahme musste nach Protesten von Verfassungsrechtlern zurückgezogen werden.

Reifeprüfung bestanden

Es ist ein hart erkämpfter Erfolg für die konservativ-grüne Koalition. Trotz grosser Differenzen demonstrierte die Regierung bei ihren zahlreichen Pressekonferenzen stets grosse Einigkeit und Stringenz. Und das trotz Dauerfeuer der rechtsnationalen Partei FPÖ. Kann dieser Ausstiegsplan wie geplant umgesetzt werden, hätte auch die so oft als «fragil» bezeichnete Regierung ihre Reifeprüfung bestanden.

Peter Balzli

Österreich- und Osteuropa-Korrespondent

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Peter Balzli hat Wirtschaft und Medienwissenschaften in Bern und Berlin studiert. Danach absolvierte er die Ringier-Journalistenschule und begann 1995 beim SRF zu arbeiten. Bevor er zwischen 2001 und 2013 als SRF-Korrespondent aus Paris und London berichtete, arbeitete Balzli 2000 bis 2001 als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. Seit 2016 ist Peter Balzli Österreich- und Osteuropa-Korrespondent.

Tagesschau, 06.04.2020, 13:00 Uhr

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