Skifahren in der zweiten Corona-Welle ist umstritten. So riefen gestern die Spitaldirektoren aus Zürich und Winterthur zum Verzicht auf. Wegen der Ansteckungsgefahr und um die Spitäler nicht mit Skiunfällen zu belasten. Geschlossene Skigebiete lösten das Problem nicht, erklärt dagegen der Bündner Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff, behält sich aber weitere Massnahmen vor.
SRF News: Pisten schliessen sei keine Lösung, sagen Sie. Wieso nicht?
Marcus Caduff: Die Frage ist, wie viele Leute über die Festtage ins Bündnerland kommen. Wir gehen davon aus, dass sich die Bevölkerung des Kantons auf 400'000 Personen verdoppelt. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Skigebiete offen sind oder nicht. Eine Auswertung der letzten Jahre hat gezeigt, dass nicht die Skigebiete die Treiber bei den Intensivpflegestationen sind, sondern die schiere Anzahl Leute. Es gibt mehr Verkehrsunfälle, Hirnschläge und Herzinfarkte.
Eine Auswertung zeigt, dass nicht die Skigebiete die Treiber bei den Intensivpflegestationen sind, sondern die schiere Anzahl Leute.
Erhöht sich nicht die Gefahr von Ansteckungen, auch mit den ausländischen Gästen?
Nein. Wir gehen davon aus, dass nicht sehr viele Ausländer kommen. Es gibt aber fast 80'000 Zweitwohnungen, deren Besitzer kommen. Wenn wir die Skigebiete schliessen, werden sie sich anderswo aufhalten. Es wird eher zu Menschenansammlungen bei den Indoor-Angeboten in den Dörfern kommen. Bei offenen Pisten können sich die Menschen verteilen. Allein das Skigebiet Davos ist sechsmal grösser als die Stadt Zürich.
Bei offenen Pisten können sich die Menschen verteilen.
Ist die Lage in den Bündner Spitälern nicht auch angespannt?
Das ist korrekt. Wobei das nicht mit den Skigebieten zu tun hat, sondern vor allem mit der Anzahl Menschen, die unabhängig davon kommen, ob die Pisten offen oder geschlossen sind. Wenn man diesem Problem begegnen möchte, müsste man wie im Frühling einen Komplett-Shutdown machen. Aber die Schliessung der Skigebiete ist nicht die Lösung.
Aber die Leute stehen doch Schlange an den Liften und Sesselkabinen?
Das mag sein. Die Erfahrungen aus der Vorsaison und auch vom letzten Wochenende zeigen aber, dass die Bergbahnbranche ein Schutzkonzept entwickelt und konsequent umgesetzt hat. Es gab keine Probleme. Das Problem ist eher die Anreise in den vollen Postautos. Einmal ausgestiegen, stehen die Schutzkonzepte bereit.
Der Kanton St. Gallen erwägt, den Skigebieten über die Festtage keine Bewilligung zu erteilen. Warum tun Sie das Gegenteil?
Die Ausgangslage ist komplett anders. Der Kanton Graubünden hat am 2. Dezember einen Mini-Lockdown mit geschlossenen Restaurants und Freizeitanlagen beschlossen, um den Druck auf die Infektionszahlen zu senken. Die Kurve zeigt gemäss ersten Resultaten in die richtige Richtung, um auf die Weihnachtstage eine Entlastung zu erreichen.
Kritiker sagen, der Skitourismus ist für Graubünden zu wichtig, um auf das Weihnachtgeschäft zu verzichten. Was sagen Sie diesen Leuten?
Für viele mag Skifahren ein Hobby sein, worauf man verzichten kann. Aber für viele Menschen in unseren Talschaften ist es die alternativlose Existenzgrundlage. Viele Tourismusbetriebe müssen über die Weihnachtstage ein Polster aufbauen, um in den toten Zeiten zu überleben.
Auch ich kann nicht garantieren, dass die Skigebiete am 26. Dezember offen sind.
Auch ich kann aber nicht garantieren, dass die Skigebiete am 26. Dezember offen sind. Auf dem heutigen Stand kann der Skibetrieb bewilligt werden. Die Lage wird täglich neu beurteilt. Wenn es auf den Intensivpflegestationen keine Kapazitäten mehr gibt, geht es aus meiner Sicht nicht mehr.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.