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Coronavirus in Wuhan «Ein erneuter Lockdown wäre für China eine Katastrophe»

Das Coronavirus ist zurück in Wuhan, jener chinesischen Millionenstadt, in der dieses Virus letzten Dezember erstmals ausbrach. Erstmals seit Wochen werden neue Ansteckungen gemeldet. Nun sollen alle elf Millionen Einwohner der Stadt innerhalb von zehn Tagen auf das Virus getestet werden. SRF-China-Korrespondent Martin Aldrovandi kennt die Hintergründe.

Martin Aldrovandi

Südostasien-Korrespondent

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Martin Aldrovandi berichtet seit Frühjahr 2023 als Korrespondent für Radio SRF aus Südostasien. Zuvor war er von 2016 bis Sommer 2022 Korrespondent für Radio SRF in Nordostasien mit Sitz in Schanghai. Davor hatte er mehrere Jahre lang als freier Journalist aus dem chinesischsprachigen Raum berichtet.

SRF News: Weiss man, wie und warum das Virus wieder nach Wuhan zurückgekommen ist?

Nein, das ist noch nicht klar. Offenbar waren die positiv getesteten Personen bereits in Quarantäne. Sie stammen alle aus derselben Wohnsiedlung und es sind die ersten offiziellen Fälle nach vielen Wochen, seit vor rund einem Monat der Lockdown aufgehoben worden ist. Deshalb dürften die Behörden dort entsprechend nervös sein.

In Wuhan ist das Virus erstmals ausgebrochen

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Nirgendwo in China wurden so viele Infektionen und Todesfälle gemeldet wie in Wuhan, dessen Krankenhäusern Ende Januar und im Februar völlig überfordert waren. Wuhan war die weltweit erste Stadt, die wegen des Virus über Wochen komplett abgeschottet war. Von den mehr als 80'000 offiziell gemeldeten Infektionen in China waren 50'000 allein in der Metropole.

Ähnlich waren von den landesweit mehr als 3300 aufgeführten Toten durch die Lungenkrankheit Covid-19 mehr als 2500 in Wuhan zu beklagen. Man geht aber davon aus, dass bei weitem nicht alle Fälle in der offiziellen Statistik mitgezählt wurden.

Nun sollen in kurzer Zeit sämtliche Einwohnerinnen und Einwohner getestet werden. Wie soll das bewerkstelligt werden?

Im Detail ist das noch nicht klar. Die verschiedenen Stadtviertel müssen laut chinesischen Medienberichten – die sich auf interne Anweisungen der Stadtregierung berufen – einen Plan vorlegen, wie sie ihre Viertel testen werden. Diese Tests sollen innerhalb von 10 Tagen abgeschlossen sein. Es ist sicher eine Herkulesaufgabe, allein schon die Anzahl der Tests zu beschaffen, die dafür notwendig sind.

Die Stadt Shulan in der Provinz Jilin wurde bereits unter einen erneuten Lockdown gestellt.

Ist ein erneuter Lockdown in Wuhan denkbar?

Das ist schwer zu sagen. Ein Lockdown wie in der Vergangenheit wäre eine Katastrophe. Das will man auf jeden Fall verhindern. Für die chinesische Wirtschaft und auch für die Gesellschaft war das sehr schmerzhaft. Lokal ist es vorstellbar. Die Stadt Shulan in der Provinz Jilin wurde schon unter einen erneuten Lockdown gestellt.

Wie normal ist das Leben in China wieder?

Das ist nicht überall gleich. In Schanghai zum Beispiel sind nicht nur Restaurants, sondern auch Bars schon eine Weile offen. Sogar das Disneyland in Schanghai ist seit Montag wieder geöffnet. Die Anzahl der Besucher wurde reduziert und die Besucherinnen und Besucher müssen Masken tragen.

Eine zweite Welle will man auf jeden Fall vermeiden.

Auch das Reisen innerhalb des Landes ist in China vielerorts wieder möglich. Bekannte von mir sind für ein paar Tage auf die südtropische Insel Hainan geflogen und machen dort jetzt Strandferien. Gegen aussen sind die Grenzen aber nach wie vor zu. Ausländer dürfen mit ganz wenigen Ausnahmen noch nicht nach China einreisen.

Das Virus ist zurück in Wuhan. Könnte das die Lockerungen in den anderen Landesteilen zunichtemachen?

Diese Ängste gibts auf jeden Fall, aber was passieren wird, wird sich zeigen. Es hängt davon ab, wie gross das Ausmass des neuen Ausbruchs ist. Man will eine zweite Welle auf jeden Fall verhindern und deshalb ist man besonders vorsichtig. Auch hat der Lockdown in China schon viel früher angefangen als in Europa und hat auch länger gedauert.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News; 13.05.2020; 06:15 Uhr ; 

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