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«Coup der Ukraine» Was man über die Angriffe auf russische Militärflughäfen weiss

Der ukrainische Geheimdienst sagt, er habe rund 40 russische Kampfflugzeuge zerstört. Was ist wahr?

Das ist passiert: Am Sonntag hat der ukrainische Geheimdienst laut eigenen Angaben bei der sogenannten «Aktion Spinnennetz» mehrere Militärflughäfen in Russland mit Kampfdrohnen angegriffen und dabei rund 40 Kampfflugzeuge vom Typ Tupolew Tu-95 sowie Tu-22 und spezielle Frühwarnflugzeuge Berijew A-50 zerstört. Dabei wurde offenbar sogar ein Flughafen im sibirischen Irkutsk attackiert.

Ob tatsächlich so viele Maschinen funktionsuntüchtig gemacht wurden, lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Das russische Verteidigungsministerium hat die Angriffe inzwischen aber bestätigt. Und der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski feiert diese Angriffe seines Geheimdiensts als brillanten Erfolg.

Das weiss man über die Aktion: «Ob jetzt die Zahl 40 oder 41 für die zerstörten oder beschädigten Bomber stimmt, das kann man tatsächlich nicht überprüfen», sagt der Militärexperte Nico Lange. Fakt ist laut Lange, dass einige russische strategische Bomber nachweislich zerstört seien.

Neue Zahlen: Doch weniger Flugzeuge zerstört?

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Bei der ukrainischen Geheimoperation «Spinnennetz» mit Drohnenattacken gegen russische Militärflughäfen weit im Hinterland sind womöglich weniger Flugzeuge zerstört worden, als ursprünglich aus Kiew genannt. Aus neuen Angaben des ukrainischen Generalstabs geht hervor, dass die russischen Streitkräfte zwölf Flugzeuge eingebüsst haben sollen. Flugzeugtypen nannte der Stab nicht. Der Geheimdienst SBU hatte zuvor von 41 zumindest beschädigten Flugzeugen gesprochen, darunter das Frühwarnflugzeug Berijew A-50, Tupolew Tu-95, Tu-22 und Tu-160. 

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte, dass in den Regionen Murmansk und Irkutsk Flugzeuge durch Drohnenangriffe in Brand geraten seien, nannte aber keine Zahlen oder Typen. Unabhängige Medien hatten in eigenen Recherchen nach Auswertung von Videos und Satellitenbildern deutlich niedrigere Zahlen genannt als der ukrainische Geheimdienst – zwischen 9 beschädigten Flugzeugen und nicht mehr als 14.

Die Aktion ist offenbar von langer Hand vorbereitet worden. Der ukrainische Geheimdienst hat nach eigenen Angaben Kampfdrohnen eingesetzt, die von Verstecken in Holzhäusern gestartet wurden, die wiederum auf Lastwagen verladen waren. Zum richtigen Zeitpunkt seien die Dächer ferngesteuert geöffnet worden und die Drohnen seien losgeflogen. Lange sagt dazu: «Das war so. Es gibt ja mittlerweile eine ganze Reihe von Videos, die genau das zeigen.»

Das sagt der Experte: «Der Ukraine ist ein Coup gelungen.» Man müsse nur die russischen Militärblogger mitlesen, um zu verstehen, dass da wirklich etwas Signifikantes passiert sei. Denn das Vorgehen erfordert laut Lange viel technologische und Insiderkenntnisse zu Russland, zu russischer Logistik. «Es geht nicht nur um die Drohnen, sondern es geht um Geheimdienstarbeit der Ukrainer, die vor allen Dingen auf Menschenkenntnis und kultureller Kenntnis beruht.» Bemerkenswert sei auch die Geheimhaltung. «Es hat ja eineinhalb Jahre gedauert, diese Operation zu planen und durchzuführen. Und es ist gelungen.» Der russischen Seite hingegen sei es nicht gelungen, diese Operation – zum Beispiel durch Gegenspionage – zu verhindern. Das sei bemerkenswert. «Es gibt, glaube ich, wenige Geheimdienste auf der Welt, die so was überhaupt können.» Und so wagt Lange denn auch zu behaupten, dies sei möglicherweise «eine der spektakulärsten Geheimdienstoperationen, die es je gegeben hat».

Nico Lange

Sicherheitsexperte

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Der Politikwissenschaftler Nico Lange ist Militärexperte und unter anderem Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Er hat Lehraufträge am Lehrstuhl für Militärgeschichte der Universität Potsdam und an der Hertie School of Governance in Berlin. Von 2019 bis 2022 war Lange Leiter des Leitungsstabs im deutschen Verteidigungsministerium.

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