Jetzt ist es amtlich: Die AfD ist «gesichert rechtsextremistisch». Zu dieser Beurteilung kommt der deutsche Verfassungsschutz. Nun läuft die Diskussion: Soll die Partei verboten werden? Und welche Hürden müssten dafür genommen werden?
Generell gilt: Ein Parteiverbot ist in Deutschland ein schwieriges Unterfangen. Ursula Münch, Politologin und Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, spricht von einem «zu Recht sehr umständlichen Verfahren» – und schlüsselt es für SRF auf.
1. Die Justiz entscheidet – nicht die Politik
Im Grundgesetz – also der deutschen Verfassung – ist das «Parteienprivileg» verankert. Demnach kann eine Partei nicht einfach durch die Exekutive verboten werden. Ein Verbot verlangen können die Regierung, das Parlament und der Bundesrat, indem die Bundesländer vereint sind. Ein Verbotsverfahren wäre dann aber Sache der Justiz: Entscheiden würde das Bundesverfassungsgericht.
2. «Rechtsextrem» reicht nicht für ein Verbot
Allein eine extremistische Gesinnung reicht noch nicht aus, um eine Partei zu verbieten. Artikel 21 des Grundgesetzes definiert, auf welcher Grundlage ein Verbot erfolgen kann:
Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
Und: Die betreffende Partei muss sich in «aktiv-kämpferischer Weise für die Abschaffung der Demokratie einsetzen.» Worte allein reichen also nicht für ein Verbot. Zudem kann eine Partei nur verboten werden, wenn sie auch eine Chance hat, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
3. Die Mühlen der Justiz mahlen langsam
Bis die Justiz einen Entscheid fällt, dürfte es mehrere Jahre dauern, schätzt Münch. «Ein Blick ins Parteiprogramm wird nicht genügen und neben der Einschätzung des Verfassungsschutzes wird das Bundesverfassungsgericht noch weitere Quellen brauchen.» Ein langwieriges Verbotsverfahren würde der AfD auch Gelegenheit geben, sich als «Opfer der Kartellparteien» darzustellen, sagt Münch. Mit dieser Erzählung könnte sie noch verstärkt auf Wählerfang gehen.
4. Die Folgen eines Verbots
Sollte es zu einem Verbot kommen, würden AfD-Abgeordnete in den Landesparlamenten und im Bundestag in Berlin umgehend ihre Mandate verlieren und das Parteivermögen würde eingezogen. «Die Partei würde in all ihren Gliederungen aufgelöst», erklärt Münch. Bis zum Ende der jeweiligen Legislatur in den Parlamenten blieben die Sitze der AfD-Abgeordneten leer. Wählen könnte man die Partei nicht mehr. Ihre Gesinnung würde mit einem Verbot aber nicht verschwinden, sagt die Politologin. «Es dürfte dann Versuche geben, eine neue AfD unter anderem Namen zu gründen.»
5. Die Partei geht, die Gesinnung bleibt
Am 23. Februar haben über zehn Millionen Wahlberechtigte in Deutschland der AfD ihre Stimme gegeben. Auch ihnen kann man die Gesinnung nicht einfach verbieten. Kritikerinnen und Kritiker eines Verbots argumentieren, dass die Partei schlicht zu gross sei, um sie zu verbieten. Münch macht darauf aufmerksam, dass sich die AfD-Wählerschaft durch ein Verbot der Partei radikalisieren könnte. Die politischen Folgen eines Verbots würden für das Bundesverfassungsgericht aber keine Rolle spielen, sagt Münch. Es müsste sich einzig mit der Frage befassen, wie gefährlich die AfD ist.