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Demonstrationen im Inselstaat Jugendproteste bringen Machtbalance in Madagaskar ins Wanken

In Madagaskar schliesst sich eine Eliteeinheit den Gen-Z-Protesten an – das Präsidialamt spricht von Putsch. Auch in anderen Ländern kommt es aktuell zu Jugendprotesten. Ein Überblick.

Das ist passiert: In Madagaskar ist nach Angaben des Präsidialamtes ein Putschversuch im Gange. Eine Eliteeinheit des Militärs habe sich den seit Wochen andauernden Jugendprotesten unter dem Namen «Gen Z» angeschlossen, teilte das Büro von Präsident Andry Rajoelina am Sonntag in der Hauptstadt Antananarivo mit. Es warf den Soldaten einen «versuchten illegalen und gewaltsamen Machtwechsel» vor. Mit dem Kampf gegen Korruption und Eliten sind die Protestierenden in Madagaskar nicht alleine.

Vorgeschichte: Seit Ende September demonstrieren im Inselstaat Madagaskar Zehntausende junge Menschen. Sie fordern den Rücktritt des Präsidenten Rajoelina. Bei den Protesten kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Protestierenden und Polizei sowie zu Plünderungen. Nach UNO-Angaben wurden über ein Dutzend Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Nach wochenlangen Protesten haben sich nun auch wichtige Teile des Militärs und der Polizei auf die Seite der jungen Demonstrierenden gestellt.

Weltweite Gen-Z-Proteste

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Die Unzufriedenheit der Jungen mit den herrschenden Eliten spiegelt sich auch in den jüngsten Demonstrationen in Ländern wie Marokko, Nepal und Kenia wider. Dort werden T-Shirts und Fahnen mit dem gleichen Symbol getragen – einem Totenkopf mit Strohhut aus der japanischen Manga-Serie «One Piece».

Auch spielen soziale Medien eine wichtige Rolle in den Protesten: So haben beispielsweise die Proteste in Nepal erst mit dem Verbot verschiedenster Social-Media-Plattformen richtig begonnen.

Zur Generation Z werden in der Regel Menschen gezählt, die ungefähr zwischen 1995 und 2010 geboren wurden.

Rolle der Gen Z: Perspektivlosigkeit betrifft junge Menschen stärker als ältere. Dazu komme die Demografie Madagaskars, meint Stephan Ueberbach, ARD-Korrespondent in Südafrika. «Madagaskar hat, wie viele andere afrikanische Länder auch, eine sehr junge Gesellschaft.» Und: «Diese jungen Leute wollen für sich ein besseres Leben. Sie wollen Zukunftsperspektiven, aber fühlen sich von der Politik nicht mehr vertreten.» Zudem spielen laut Ueberbach auch die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Darüber können sich die jungen Menschen vernetzen und die Proteste organisieren.

Gen Z will eine gute Zukunft – und demonstriert dafür

Präsident Madagaskars: Andry Rajoelina wurde vor zwei Jahren wiedergewählt. Laut Korrespondent Ueberbach war diese Wahl jedoch «nicht ganz unumstritten». Die Opposition habe damals zum Boykott aufgerufen. Ursprünglich kam der Präsident 2009 ebenfalls mit einem militärischen Putsch an die Macht. Mithelferin damals war die militärische Organisation Capsat, die sich nun den Demonstrierenden angeschlossen hat. Der Präsident ist mittlerweile nicht mehr im Land. Er wurde bereits am Sonntag von einer französischen Militärmaschine ausgeflogen, wie der französische Radiosender RFI berichtete. Demnach gab es eine entsprechende Vereinbarung mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Rajoelina hatte 2014 die französische Staatsbürgerschaft erhalten.

Die militärische Eliteeinheit Capsat

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Capsat ist eine Elite-Militäreinheit des madagassischen Staats. Nun hat sie sich auf die Seite der Demonstrierenden gestellt. Der Anschluss der Einheit an die Demonstrierenden ist ein Wendepunkt. Schon 2009 verhalf Capsat dem heutigen Präsidenten Rajoelina durch einen Militärputsch an die Macht.

Die Militäreinheit scheint eine Autoritätsposition einzunehmen und ernannte am Sonntag einen General zum neuen Chef der madagassischen Streitkräfte, was vom Verteidigungsminister akzeptiert wurde.

Ein Kommandant der Capsat, Oberst Michael Randrianirina, sagte, seine Soldaten hätten sich ein Feuergefecht mit Sicherheitskräften geliefert, die versucht hätten, die Proteste am Wochenende niederzuschlagen. Dabei sei ein Soldat getötet worden. Zudem rief die Einheit andere Sicherheitsbeamte zur Befehlsverweigerung auf.

Tiefgehende Probleme in Madagaskar: Der Grund für die Proteste in Madagaskar und den damit einhergehenden Putschversuch sind vor allem die anhaltenden Strom- und Wasserausfälle. «Das ist für die Demonstranten das Symbol dafür gewesen, dass die Regierung auf ganzer Linie versagt und es eben nicht schafft, die Menschen mit wichtigen öffentlichen Dienstleistungen zu versorgen», erklärt Ueberbach. Es gab jedoch schon zuvor Missstände im Land, welche zum Unmut der Bevölkerung beigetragen haben. Das Land ist von Korruption, einer schlechten wirtschaftlichen Lage und der daraus resultierenden Armut geplagt. Nach Angaben der Weltbank leben drei Viertel der Menschen in Armut. Daraus ergibt sich eine Ungleichheit und Perspektivlosigkeit in der Bevölkerung.

SRF 4 News, 13.10.2025, 16:22 Uhr ; 

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