Die militärische Inszenierung, die Donald Trump am US-Nationalfeiertag hat aufziehen lassen, wurde viel kritisiert. Auch USA-Experte Josef Braml hinterfragt die Machtdemonstration. Darin spiegle sich ein kollektiver Minderwertigkeitskomplex, sagt er.
SRF News: War der US-Nationalfeiertag diesmal eine Art Parteifest für Donald Trump?
Josef Braml: Ja, diesmal gab’s weniger Picknick und mehr Panzer. Da ist etwas umdefiniert worden, und das ist in einer längeren Reihe zu sehen. Trump hat nicht nur diese Institution, den Unabhängigkeitstag und damit auch das Militär benutzt, sondern er hat zuvor schon das Oberste Gericht und die Notenbank beschädigt.
Ich glaube, es ist ein Zeichen eines kollektiven Minderwertigkeitsgefühls.
Alles, was in den USA heilig war, wird instrumentalisiert, und zwar nicht für die Partei. Da widerspreche ich Kritikern: Trump nutzt es für sich selbst.
Es sind zwei Punkte: zum einen das Militär, zum anderen das Feiern mit Anhängern. Mit Anhängern haben doch auch schon andere Präsidenten gefeiert?
Ja, Reagan hat den Tag auch schon genutzt. Doch dieses martialische Militärspektakel, dieses «Salute America», dass Kampfjets starten und Panzer auffahren, das ist neu. Das hatten die USA als ein Land, das sich im Kalten Krieg stark wähnte, vorher nicht nötig. Es ist eher ein Zeichen der Schwäche, dass man sich nicht mehr so selbstbewusst sieht, dass man die USA wieder gross machen müsste. Ich glaube, es ist ein Zeichen eines kollektiven Minderwertigkeitsgefühls.
Aber die Franzosen machen das auch schon seit mehr als 100 Jahren?
Trump hat sich vor zwei Jahren am 14. Juli davon inspirieren lassen. Das heisst, Europäer sind auch nicht gefeit davor. Frankreich ist eine Nation, die von vergangener Grösse träumt und die sich so inszenieren muss. Die Franzosen erinnern damit an alle gewonnenen Kriege. So gesehen können die Amerikaner das ja ebenfalls machen?
Trump hat auch an glorreiche Kriege erinnert und an die gute alte Zeit, als jeder Schuss noch ein Treffer war und einen Deutschen traf. Er hat seine Abneigung gegenüber Deutschland wieder raushören lassen.
Kritisiert wurde vor allem, dass nur Republikaner und Militärs eingeladen wurden. Für Demokraten gab es keine Tickets. Kann Trump nicht selbst entscheiden, wen er einladen will?
Die Militärs haben auch selbst entschieden, wer zur Feier kommt. Wenn man genau hingesehen hat, sah man, dass es nicht die höheren Militärs waren, die erschienen sind.
Dass ausgerechnet ein Drückeberger das Militär nutzt, um sich selber zu feiern, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Viele haben sich davon ferngehalten, weil sie sich nicht instrumentalisieren lassen wollen.
Das Land ist in Anhänger und Gegner Trumps gespalten. So etwas wie Überparteilichkeit scheint nur schwer zu erreichen. Ist es insofern nicht verständlich, dass Trump das nicht wollte?
Diese Spaltung gibt es nicht erst seit Trump. Er hat sie aber ausgenutzt, er befeuert sie weiter und das ist das Problem. Er treibt sie auf die Spitze, um wiedergewählt zu werden. Das ist nicht mehr die USA, die wir zu schätzen gelernt haben. Es ist besorgniserregend, wie weit diese Spaltung schon getrieben wurde.
Würden Sie sagen, Trump habe den 4. Juli und das Militär quasi als Wahlkampfvehikel für seine Wiederwahl genutzt?
Ja, ich denke schon. Er nutzt das Militär und umgibt sich mit Vietnam-Veteranen, die – anders als er – den Kopf hingehalten haben damals. Er selbst hat sich gedrückt. Aufgrund seiner Herkunft konnte er sich herauskaufen und ein Attest besorgen, um den patriotischen Dienst nicht zu leisten. Dass ausgerechnet ein Drückeberger das Militär nutzt, um sich selber zu feiern, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.