Polen befestigt derzeit seine Grenzen zur russischen Exklave Kaliningrad und zu Belarus. Eine Verteidigungslinie mit Panzersperren, Minenfeldern und Militäranlagen entsteht. Das Projekt «Schutzschild Ost» soll explizit auch Frühwarn- und Abwehrsysteme gegen Drohnen umfassen.
Doch es brauche ein gestaffeltes Drohnenabwehrsystem auch tief im Raum, erklärt der deutsche Sicherheitsexperte Jens Boysen, der an der Hochschule «Uniwersytet Civitas» in Warschau lehrt: «Es geht eher darum, gezielt Angriffe auf bestimmte Einrichtungen abzuwehren, durch Früherfassung und Abwehrmassnahmen solcher Angriffe, allerdings nicht nur im Grenzbereich und auch nicht nur für militärische Einrichtungen, sondern auch im Landesinnern der EU-Staaten, um dort gezielt Infrastruktur zu schützen.»
Auch die EU spricht inzwischen nicht mehr von einem starren Drohnenwall an der Ostflanke. Mit der sogenannten Drohnenabwehr-Initiative will Brüssel nun ein mehrschichtiges Hightech-System mit Fähigkeiten zur Erkennung, Verfolgung und Neutralisierung feindlicher Drohnen mit unterstützen.
Polen erhält von Brüssel auch günstige Kredite in der Höhe von 44 Milliarden Euro aus dem sogenannten SAFE-Programm. Ein Teil dieser Mittel soll für die Drohnenabwehr direkt an der Ostflanke verwendet werden.
Polen setzt auf Drohnentechnologie aus Taiwan
Polen will nun auch seine eigene Drohnenproduktion markant ausbauen, auch im Bereich Abfangdrohnen. Das Land wird zum grössten Importeur taiwanesischer Drohnentechnologie. «Polen kauft momentan, was es kriegen kann, mit Taiwan als Partner, um sich selbst als Produzent in Europa zu etablieren», sagt Jens Boysen.
Die Produktion bewegt sich aktuell zwar noch auf sehr bescheidenem Niveau. China mit einem geschätzten Anteil von 70 bis 80 Prozent an der weltweiten Produktion ist nach wie vor führend auf dem globalen Drohnenmarkt. Aber Taiwan gilt als aufstrebender Stern und wirbt damit, dass seine Drohnen frei von Technologie aus China seien. Darauf achten demokratische Länder zunehmend.
Die Ukraine als Lehrmeisterin
Warschau möchte aber auch von der Ukraine lernen. Das Land holt russische Kampfdrohnen auch mit einfacher Flugabwehr vom Himmel oder produziert günstig Abfangdrohnen. «Polen versucht nun seine besondere Nachbarschaft zur Ukraine auszunutzen, es engagiert ukrainische Experten und ehemalige Militärs, die direkt aus dem Krieg kommen und die sehr innovativ sind», betont Boysen.
Denn die Drohnenabwehr soll effektiver und günstiger werden. Teure Raketen, wie sie in Polen gegen russische Billig-Kamikazedrohnen zum Einsatz kamen, sind zu kostenintensiv und auch deshalb nicht tauglich gegen mögliche Schwarmangriffe. Panzersperren an der Nato-Ostflanke würden eine moderne feindliche Armee höchstens für Stunden aufhalten können, sagen auch die polnischen Militärs.
Die Gefahr droht aus der Luft und hier zeigt Europa noch Defizite. Polen braucht eine günstige und massentaugliche Drohnenabwehr. Eine weitere Herausforderung für das Nato-Schlüsselland an der Ostflanke.