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Ernüchterung in El Salvador Was hat der Bitcoin El Salvador gebracht?

Vor einem Jahr hat der zentralamerikanische Staat Bitcoin als Währung eingeführt. Im Moment macht es damit Verluste.

Der Bitcoin-Pionier San Salvador: Vor einem Jahr hat das zentralamerikanische Land El Salavador als erstes Land der Welt Bitcoin als offizielle Währung eingeführt. Gleichzeitig lancierte die Regierung eine App, mit der man kostenlos Bitcoin gegen Dollar eintauschen kann. Wer die App auf sein Smartphone geladen hat, erhielt ein Startguthaben von 30 Dollar.

Bitcoins verlieren an Wert

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Der Kurs des Bitcoins ist zur Wochenmitte gesunken und nun unter die Marke von 19'000 Dollar abgerutscht. Die Kryptowährung leidet laut Marktbeobachtern weiterhin unter Zins- und Rezessionsängsten und der damit einhergehenden Risiko-Aversion.

Probleme der Kryptowährung: Das grösste Problem für den Bitcoin ist der Kurszerfall. Seit seiner Einführung im letzten Jahr hat er über die Hälfte an Wert verloren. Ein weiteres Problem ist, dass längst nicht alle Salvadorianer ein Smartphone, Internet oder Strom haben.

Staatliche Investitionen in den Bitcoin: Der Regierungschef hat anfänglich optimistisch auf Twitter bekannt gegeben, dass er für 103 Millionen US-Dollar Bitcoin gekauft habe. Diese sind nun nur noch 47 Millionen Dollar wert. Das reisse ein Loch in die Staatsfinanzen, sagt die Journalistin Sandra Weiss, die über die mittel- und lateinamerikanischen Länder berichtet. Zudem habe der Internationale Währungsfonds (IWF) dem Land eine teurere Kreditwährung verpasst, das heisst, El Salvador muss sich teurer verschulden als vorher.

Die meisten Leute kapieren nicht, worum es geht.
Autor: Sandra Weiss Freie Journalistin in Zentral- und Lateinamerika

Ein Prestigeprojekt für die Eliten: Das Projekt sei 2021 ohne Testphase und ohne jegliche Vorbereitung eingeführt worden. «Damit hat sich der Präsident selbst ein Bein gestellt», so die Journalistin. «Denn die meisten Leute hier kapieren nicht, worum es geht.» Dass der Bitcoin wieder verschwindet aus El Salvador, glaubt die Journalistin nicht. Für sie steht allerdings fest, dass die Einführung digitaler Währungen im hoppla hopp-Stil kein Modell in Zentral- und Lateinamerika werden wird.

Eine Bitcoin-Münze auf grünem Hintergrund
Legende: Zurzeit reisst der Bitcoin ein Loch in die salvadorianische Staatskasse. REUTERS/Dado Ruvic/Illustration

Argumente für den Bitcoin: Mit der Einführung von Bitcoin als Währung wollte Präsident Nayib Bukele Investoren anziehen und El Salvador in einen Tech-Hub verwandeln. Mit diesem System würden die Überweisungen von Landsleuten aus dem Ausland in die Heimat verbilligt und man komme von Dollar – der die offizielle Währung ist – und vom Internationalen Währungsfonds los. Durch die digitale Währung könne die ärmere Bevölkerung ins Finanzsystem eingegliedert werden.

Die meisten, die die App heruntergeladen haben, wollten einfach an das Startguthaben von 30 Dollar herankommen.
Autor: Sandra Weiss Freie Journalistin für Zentral- und Lateinamerika

Beliebtheit des Bitcoins in San Salvador: «Offizielle Informationen zum Bitcoin hält die Regierung unter Verschluss, das gibt es kaum», sagt Weiss. Aus Umfragen wisse man aber, dass der Bitcoin bei 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unbeliebt sei. «Die meisten, die die App heruntergeladen haben, wollten einfach an das Startguthaben von 30 Dollar herankommen.» Die Transaktionen mit Bitcoins machten Händlern zufolge zurzeit weniger als 1 Prozent aus.

SRF 4 News, 08.09.2022, 06:20 Uhr ; 

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