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Erzwungene Landung in Belarus Roman Protassewitsch meldet sich aus Untersuchungshaft

  • Einen Tag nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Belarus hat sich der verhaftete Journalist Roman Protassewitsch in einem Video zu Wort gemeldet.
  • Darin bestätigte der gezeichnete Blogger, dass er in einem Untersuchungsgefängnis in der Hauptstadt Minsk sitze.
  • Die belarussischen Behörden hatten zuvor die Verhaftung von Protassewitsch offiziell bestätigt.
  • Dem 26-Jährigen drohen nun viele Jahre Haft oder gar die Todesstrafe.

Das Video mit Roman Protassewitsch wurde in einem regierungsnahen Nachrichtenkanal bei Telegram am Montagabend verbreitet. Darin sagt er wörtlich:

«Guten Tag, ich bin Roman Protasewitsch, gestern wurde ich am nationalen Flughafen in der Stadt Minsk von den Einsatzkräften des Innenministeriums festgenommen. Zurzeit befinde ich mich im Gefängnis Nr. 1. Hiermit erkläre ich, dass ich keine Probleme mit der Gesundheit, mit dem Herzen oder anderen Organen habe. Ich werde gut behandelt und es erfolgt alles nach Gesetzen. Ich arbeite mit den Ermittlungskräften zusammen und mache Angaben über die Organisation der Massenunruhen in Minsk.»

Nach Einschätzung der Opposition ist das Video unter Druck zustande gekommen. «Roman hat nie freiwillig gesagt, was er jetzt in die Kamera gesagt hat», hiess es bei Telegram und Twitter . Er sehe zudem «ziemlich geschlagen» aus. «Sein Gesicht ist geschminkt, Spuren von Schlägen sind sichtbar, seine Nase ist gebrochen.»

Zuvor hatte unter anderen Tadeusz Giczan, Chefredaktor des Nachrichtenkanals Nexta auf Twitter mitgeteilt, gemäss Angaben der Mutter von Protassewitsch sei dieser in kritischem Zustand im Spital wegen einer Herzerkrankung.

Linienflug zur Landung gezwungen

Protassewitsch war am Sonntag am Flughafen Minsk verhaftet worden. Gegen ihn lag ein internationaler Haftbefehl vor. Vor seiner Festnahme war das Flugzeug mit ihm an Bord in Belarus zur Landung gezwungen worden.

Die Aufforderung des Ryanair-Flugzeugs zur Landung in Minsk geht gemäss den belarussischen Behörden auf eine Bombendrohung zurück. Ein Sprecher des Aussenministeriums sagte, man habe ein E-Mail der radikalislamischen Palästinenser-Organisation Hamas mit einer Bombendrohung erhalten.

Demnach forderte die Hamas, «dass Israel das Feuer im Gazastreifen einstellt und die EU die Unterstützung für Israel in diesem Krieg zurückzieht. Im Flugzeug befindet sich eine Bombe, die über Vilnius explodieren wird.»

Dementi der Hamas

Inzwischen dementierte aber Hamas-Sprecher Fawzi Barhoum das E-Mail. Die Hamas habe mit der Sache «nichts zu tun» und weder Kenntnisse darüber noch Verbindungen dazu. Man greife nicht auf Methoden zurück, die darauf abzielten, die Hamas zu dämonisieren.

Auch SRF-Korrespondentin in Russland, Luzia Tschirky, hält wenig von der vorgeschobenen Begründung aus Belarus. «Der verhaftete Journalist Protassewitsch war nicht bekannt, Verbindungen zur Hamas zu haben. Das wird ihm unterstellt. Er wurde gesucht wegen seiner Tätigkeit für den Nachrichtenkanal Nexta der Oppostion und der Protestbewegung. Und darum war er auch als Terrorist zur Fahndung ausgeschrieben.»

Sanktionen gegen Belarus

Westliche Regierungen drohen nun mit neuen Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik Belarus (Weissrussland), die vom autoritären Machthaber Alexander Lukaschenko geführt wird.

An einem Sondergipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs am Montagabend hat die EU weitere Sanktionen gegen Belarus beschlossen . So wurde etwa ein Flug- und Landeverbot in der EU für Airlines aus Belarus verhängt.

Tagesschau, 24.05.2021, 19:30 Uhr ; 

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