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Nahost: Freilassung von Geiseln gegen Waffenruhe
Aus Tagesschau vom 27.10.2023.
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Eskalation in Nahost Wie verlässlich sind die Opferzahlen aus Gaza?

Das Gesundheitsministerium von Gaza meldet seit Kriegsbeginn über 7000 Todesopfer. Wie glaubwürdig sind diese Zahlen?

In den letzten Tagen mehren sich Stimmen, welche diese Opferzahlen aus dem Gazastreifen in Zweifel ziehen. Nach der Explosion beim Al-Ahli-Spital in Gaza äusserten etwa mehrere westliche Staaten Zweifel an der Zahl von rund 500 Todesopfern. Und US-Präsident Biden sagte Mitte Woche, er habe kein Vertrauen in die von den Palästinensern gemeldeten Opferzahlen.

Hauptgrund für die Kritik: Das palästinensische Gesundheitsministerium im Gazastreifen wird von der radikal-islamischen Hamas kontrolliert. Jener Organisation also, die für das Massaker im Süden Israels vom 7. Oktober mit mindestens 1400 Opfern verantwortlich ist. Der Hamas wird vorgeworfen, zu hohe Opferzahlen anzugeben und damit Propaganda zu machen.

Schwieriger Zugang zu Informationen

Wie vertrauenswürdig sind also die Opferzahlen aus dem Gazastreifen? Eine Antwort auf diese Frage ist nicht ganz einfach, denn der Gazastreifen ist abgeriegelt. Journalistinnen und andere unabhängige Beobachter haben derzeit keinen Zugang. Gleichzeitig bombardiert Israel das Gebiet fortlaufend. Eine unabhängige Wahrheitssuche vor Ort ist nicht möglich.

Totale auf ein zerstörtes Haus im Gazastreifen.
Legende: Die Angriffe auf Gaza fordern zahlreiche Todesopfer – doch wie viele genau? REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

«Die Lage im Gazastreifen ist zweifellos chaotisch, das Sammeln und Überprüfen von Informationen ist eine grosse Herausforderung», schreibt etwa die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen», die mit rund 300 Angestellten im Gazastreifen aktiv ist. «Unser direkter Zugang ist limitiert auf unsere eigenen Projekte, aber die heftigen Bombardierungen haben uns gezwungen, die Koordination unserer regulären Aktivitäten einzustellen.»

Und auch das UNO-Amt für die Koordination humanitärer Angelegenheiten, OCHA, welches die Zahlen des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in den täglichen Publikationen zitiert, schreibt auf Anfrage: «Derzeit ist es nahezu unmöglich, eine tagesaktuelle UNO-Überprüfung der Zahlen durchzuführen.» Man weise in den Publikationen aber klar darauf hin, woher die Zahlen stammten.

«Zahlen machen Sinn»

Etwas Licht ins Dunkle bringt der «Palästinensische Rote Halbmond». Die Rotkreuz-Organisation ist nach eigenen Angaben die führende Notfalldienstleisterin im Gazastreifen und betreibt rund 30 Ambulanzen, mit denen sie nach Raketenangriffen Opfer ins Spital fährt. Bei ihren Einsätzen erhebt sie eigene Daten. Die Sprecherin der Organisation, Nebal Farsakh, sagt zu SRF News: «Wir decken ungefähr 35 Prozent der Notfalleinsätze im Gazastreifen ab. Unsere Zahlen stützen – wenn man sie hochrechnet – die Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums.»

Auch bei der Menschenrechtsorganisation «Human Rights Watch» tönt es ähnlich. Omar Shakir, der Direktor für Israel und die Palästinensergebiete, sagt: «Bei gewissen Luftschlägen haben wir die Zahlen in der Vergangenheit selbst verifiziert. Mir ist kein Fall bekannt, bei dem es eine grössere Diskrepanz gegeben hat.»

Als Reaktion auf die wachsende Skepsis zu den Opferzahlen hat das Gesundheitsministerium im Gazastreifen am Donnerstagabend zudem ein Dokument mit den Namen und ID-Nummern von rund 7000 getöteten Palästinensern veröffentlicht. Die Hamas macht allerdings keine Unterscheidung, wie viele Zivilisten gestorben sind – und wie viele der Toten Hamas-Kämpfer waren.

Keine Hinweise auf Fälschungen

Bei der Recherche ergaben sich keine Hinweise darauf, dass die «offiziellen» Opferzahlen aus Gaza gefälscht worden sind. Die Zahlen des «Palästinensischen Roten Halbmonds» stützen die hohen Todeszahlen, die das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium veröffentlicht. Eine abschliessende Gewissheit gibt es aber erst, wenn die Opferzahlen von unabhängiger Seite geprüft werden können. Und das dürfte angesichts der aktuellen Situation noch lange dauern.

Tagesschau, 27.10.2023, 19:30 Uhr

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