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EU-Afrika-Gipfel Europa spricht mit Afrika, aber hört nicht zu

Mehrfach wurde der Gipfel zwischen der Afrikanischen und der Europäischen Union verschoben. Nun wirbt die EU für das morgige Treffen mit grossen Worten: Milliardeninvestitionen in Afrikas Infrastruktur, eine erneuerte, tiefere Beziehung soll daraus entstehen.

Auf dem afrikanischen Kontinent zeigt man sich davon wenig beeindruckt. Zu oft schon hat Europa an Gipfeln grosse Reden geschwungen und wenig geliefert. Zwar ist Europa Afrikas älteste Partnerin, die nächste Nachbarin. Die EU ist, wenn man alle 27 Mitgliedstaaten zusammennimmt, auch nach wie vor Afrikas wichtigste Handelspartnerin.

Verhältnis wie zur Kolonialzeit

Doch das vorherrschende Gefühl bei vielen in Afrika ist, dass die Beziehung zu Europa stagniert, dass sich die Asymmetrie der Kolonialzeit nie aufgelöst hat. Noch immer exportiert Afrika Rohstoffe, Europa liefert Fertigwaren.

Nach wie vor liegen tausende von den Kolonialherren geraubte Kulturgüter in den Museen Europas, obwohl die Afrikaner diese schon lange zurückfordern. Und die europäischen Soldaten im Sahel werden von der Bevölkerung als Invasoren, nicht als Unterstützer gesehen.

Europa spricht seit Jahrhunderten mit Afrika, aber hört nicht zu, so die Wahrnehmung der Afrikanerinnen und Afrikaner.

EU hat nur Resten gespendet

Das zeigte sich besonders deutlich in der Pandemie. Während die afrikanischen Staatschefs forderten, dass der Patentschutz auf Impfstoffe aufgehoben wird, spendeten die Europäer lieber Impfdosen, allerdings erst kurz vor Ablaufdatum und als klar war, dass Europa die gehamsterten Impfdosen der eigenen Bevölkerung nicht schmackhaft machen konnte. Europa hört zu wenig zu.

Darum sucht sich Afrika schon lange andere Partner – mit Erfolg, allen voran China. In den Augen der Afrikanischen Politikerinnen und Politiker hört der rote Riese besser zu, wenn Afrika sagt, was es will, nämlich Infrastruktur.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass China zwischen 2007 und 2020 mehr als doppelt so viel Geld für afrikanische Infrastruktur zur Verfügung gestellt hat als die USA, Deutschland, Japan und Frankreich zusammen.

Russen in Mali, Türken in Somalia

Auch andere Länder haben für Afrikas Regierungen in der Wahrnehmung ein grösseres Gehör als Europa. In Mali sind es die Russen, im Sudan die Golfstaaten, in Somalia die Türken. Sie alle liefern, statt nur zu reden. Dass auch sie liefert, davon muss die EU nun die Afrikanische Union bei dem Gipfel am Donnerstag in Brüssel überzeugen.

Denn so wie es aussieht, sind die versprochenen Milliarden gar kein neues Geld. Sie kommen aus bereits vorgesehenen Töpfen der EU. Damit wird Europa Afrika nicht enger an sich binden können. Eine erneuerte Beziehung sieht anders aus.

Anna Lemmenmeier

Auslandredaktorin

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Anna Lemmenmeier ist Auslandredaktorin zuständig für Mittelamerika, Mexiko und die Karibik. Von 2017-2024 war sie Afrika-Korrespondentin von Radio SRF und lebte in Nairobi. Davor war sie Mitglied der Wirtschaftsredaktion. Sie hat internationale Beziehungen, Geschichte und Völkerrecht an den Universitäten von Bern, Genf und Ghana studiert.

Echo der Zeit, 16.02.2022, 18:00 Uhr

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