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EU-Wahlen in Frankreich «Le Pens Partei ist stärkste Kraft geworden»

Nach europäischem Trend legen rechtsnationale Parteien zu, die traditionellen Parteien verlieren. In Frankreich bestätigt sich dieser Trend offenbar. Über die Auswirkungen spricht SRF-Frankreichkorrespondent Daniel Voll.

SRF News: Auch in Frankreich hat das rechtsnationale Lager zugelegt. Was heisst das konkret?

Daniel Voll: Konkret heisst das, dass die Partei von Marine Le Pen, das Rassemblement National, mit 23.4 Prozent die stärkste Partei geworden ist. Sie hat zwar stimmenmässig nicht zugelegt, liegt aber ein Prozent vor der Liste Renaissance von Emmanuel Macron, die 22.4 Prozent gemacht hat. Damit hat der Präsident sein erklärtes Ziel – dass Renaissance die stärkste französische Delegation werden solle – verpasst.

Marine Le Pen mit dem Rassemblement National spielte im Europaparlament bisher kaum eine Rolle. Wird sich das nun ändern?

Das könnte sich ändern, wenn sie sich mit anderen Parteien, zum Beispiel mit der Lega von Matteo Salvini, zusammenschliesst. Und wenn sie sich tatsächlich auf eine Politik einigen können. Denn das ist ja die grosse Frage, ob sich die rechtsnationalen Parteien der verschiedenen Länder auf eine gemeinsame Linie einigen.

Was bedeutet die Stärke der Rechtspartei in Frankreich nun innenpolitisch? Gerät Präsident Macron damit in Bedrängnis?

Wenn der Abstand grösser wäre, käme sehr bald der Ruf nach Auflösung des Parlaments, weil Macron keine Legitimation mehr habe. Mit diesem ganz knappen Unterschied allerdings wird dieser Ruf nicht sehr laut werden. Vor allem nicht, weil die Parteien dahinter zum Teil sehr eingebrochen sind. Vor allem die traditionelle rechte Partei, die Republikaner, haben die Hälfte ihrer Sitze im EU-Parlament verloren und werden nun interne Probleme haben.

Wie wird sich Emmanuel Macron mit seiner Liste im Europaparlament positionieren?

Präsident Macron hat klare europäische Ambitionen angemeldet. Er hat Vorschläge zur Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik und Umweltpolitik gemacht. Im Parlament will sich seine Liste der liberalen Fraktion anschliessen. Ob sie dort eine Mehrheit von ihrer Politik überzeugen kann, ist eine offene Frage, aber sie wird in dieser liberalen Fraktion sicher eine grosse und wichtige Gruppe sein. Allerdings sind auf dieser Liste sehr wenige Leute mit Erfahrung im Europaparlament, nur zwei Leute haben überhaupt Erfahrung. Die Frage ist, wie schnell sich die 23 Abgeordneten einarbeiten und eine Rolle spielen können.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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