Frankreich plant einen neuen Flugzeugträger. 310 Meter lang soll das neue Schiff werden und fast 80'000 Tonnen schwer. 2000 Seeleute und 30 Kampfjets sollen darauf Platz finden. Am Wochenende hat Präsident Emmanuel Macron angekündigt, dass das Projekt grünes Licht erhalten hat. Der Flugzeugträger soll bis 2038 den im Moment einzigen französischen Träger «Charles de Gaulle» ersetzen. Experte Sebastian Bruns erklärt die Hintergründe.
SRF News: Braucht es heute noch Flugzeugträger?
Sebastian Bruns: Wenn man in Frankreich nachfragt, auf jeden Fall. Aber auch wir in der Analyse, in der sicherheitspolitischen Forschung und Lehre sind der Auffassung, dass es noch Gründe dafür gibt.
Was leisten Flugzeugträger?
Flugzeugträger funktionieren auf einem breiten Spektrum. Militärisch operativ sind sie im Prinzip ein Flugfeld, das man überallhin auf der Welt verlegen kann. Sie sind damit auch ein Mittel der Machtprojektion auf die Gegenküste. Es muss nicht immer ein Krieg sein, es kann auch der Versicherung von Alliierten dienen. Auch dann sind sie Ausdruck der Machtinteressen eines Landes auf der strategischen diplomatischen Ebene. Insofern spielen Flugzeugträger von kleinen operativen Aspekten bis hin zu grossen strategischen, geopolitischen, geostrategischen Aspekten eine grosse Rolle.
Frankreichs Ambitionen als ständiges UNO-Sicherheitsratsmitglied und als letzte verbliebene Atommacht der EU sind stark auf das Maritime ausgelegt.
Dienen sie zur Abschreckung feindlicher Staaten oder auch gegen Piraterie?
Es gibt knapp 11 Millionen Quadratkilometer französische Überseeterritorien. Allein aus diesem Grund braucht Frankreich eine Marine, braucht Seestreitkräfte, die auch über die ganze Welt wirken können. Frankreichs Ambitionen als ständiges UNO-Sicherheitsratsmitglied und als letzte verbliebene Atommacht der EU sind stark auf das Maritime ausgelegt. Europa ist von maritimen Handelsrouten abhängig. Frankreich übernimmt einen Gutteil der maritimen Sicherheit für Staaten, die keine Marine haben, oder für Binnenländer.
Dazu gehört der Kampf gegen das organisierte maritime Verbrechen, von Piraterie bis hin zu Abwehr von terroristischen Attacken im Roten Meer zum Beispiel.
Gibt es auch Nachteile, wenn man so viel Geld in einen Flugzeugträger steckt?
Ja, die Nachteile gibt es tatsächlich und die werden auch immer wieder stark diskutiert. Es gibt das Sprichwort: Träger frisst Flotte. Das heisst, das Geld fehlt dann woanders. Und: Diese grossen Kriegsschiffe sind auch verwundbar. Einerseits brauchen sie Begleitschiffe, U-Boote, Kreuzer, Fregatten, die dieses grosse Schiff gegen alle Bedrohungen unter Wasser, auf Wasser, aus der Luft, auch im Cyberraum schützen. Seit mittlerweile vier Jahren ist Krieg in der Ukraine. Es ist ein Krieg, in dem maritime, unbemannte Fahrzeuge eine entscheidende Rolle spielen. Auch das müssen sich die Strategen überlegen, inwieweit sie ihre Flugzeugträger einem Risiko aussetzen wollen. Das gilt auch für Angriffe durch Marschflugkörper.
Idealerweise würde Frankreich noch einen zweiten bauen, damit man noch einen anderen zur Verfügung hat.
Wo wird Frankreich stehen, wenn dieser Flugzeugträger auf See ist?
Mit Blick auf den neuen Nuklearantrieb ist Frankreich qualitätsmässig dann in der Champions League. Quantitätsmässig läuft Frankreich den USA hinterher. Mit Blick auf die Fähigkeit, diesen Flugzeugträger einzusetzen, ist Frankreich sicherlich vorne mit dabei. Idealerweise würde Frankreich noch einen zweiten bauen, damit man – wenn der eine mal in die Werft muss – noch einen anderen zur Verfügung hat.
Das Gespräch führte Sandro Della Torre.