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Flüchtlingspolitik in Italien Nach Folter-Video aus Libyen: Mahnende Worte des Papstes

«Sehr gut überlegen, ob man die Menschen zurückschickt.» Dies sagt der Papst indirekt an die Adresse des Innenministers.

Es war auf dem Rückflug von seiner Reise nach Irland. Vor Journalisten kam Papst Franziskus unvermittelt auf ein Video zu sprechen, das ihn sehr beschäftige: Er habe einen heimlich gedrehten Film gesehen, der zeige, was mit Flüchtlingen und Migranten geschehe, die die Flucht nicht geschafft hätten und nach Libyen zurückgeschickt würden.

Ein geheim gedrehtes Video

Dieses Video hat am Dienstag zuerst die katholische Tageszeitung «Avvenire» publiziert, später zogen auch der «Corriere della Sera» oder «La Repubblica» nach. Die verschiedenen Sequenzen zeigen stets Körper von Afrikanern, die schwer gefoltert werden. Die Authentizität dieser Aufnahmen ist nicht geklärt, der Papst selber spricht ja von einem geheim gedrehten Film.

Aber der Inhalt liefert die erschütternden Bilder dazu, was Flüchtlinge und Migranten hier in Italien seit Jahren erzählen, nämlich dass in libyschen Lagern systematisch gefoltert werde, oft weisen ihre Körper entsprechende Spuren auf.

Sie zurückzuschicken, muss man sich gut, gut, gut überlegen.
Autor: Papst Franziskus Aussagen des Papstes während des Rückflugs von Dublin nach Rom am Sonntag.

Aufgrund dieser Aufnahmen sagt Papst Franziskus nun, man solle sich gut überlegen, ob man Hilfesuchende nach Libyen zurückschicke. Er hat diese Aussage zwar an niemanden persönlich gerichtet, doch in Italien ist allen klar, dass der Adressat primär Innenminister Matteo Salvini ist.

Papst Franziskus
Legende: Papst Franziskus reiste am Sonntag nach einem Kurzbesuch in Irland nach Rom zurück. Keystone/Archiv

Salvini hatte erst vor wenigen Tagen damit gedroht, alle vom Schiff «Diciotti» geretteten 177 Flüchtlinge und Migranten nach Libyen zurückzuschicken. Die heute publizierten Aufnahmen untergraben nun diese Position des italienischen Innenministers erheblich.

Die Stimme des Papstes

Bemerkenswert ist, dass nicht die Opposition, also der sozialdemokratische Partito Democratico, Salvini in Bedrängnis bringt, sondern die Kirche. Diese ist derzeit in der Migrationspolitik Salvinis effizientester Gegenspieler, zuletzt bei den Hilfesuchenden auf dem Rettungsschiff «Diciotti». Innenminister Salvini versprach damals, die Menschen entweder in andere EU-Staaten weiterzuschicken oder nach Libyen zurückzubringen. Beides erwies sich als unmöglich.

Schliesslich war es die Kirche, die Salvini aus dieser Sackgasse herausholte und anerbot, den Grossteil dieser Flüchtlinge zu übernehmen. Was aber heisst, dass diese Flüchtlinge entgegen Salvinis Versprechungen trotzdem nach Italien kommen: Sie treffen heute im Städtchen Rocca di Papa nahe Rom ein und werden bis auf weiteres in Italien untergebracht.

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