Darum geht es: Die Enthüllungen der «Pandora Papers» bringen Chiles Präsidenten Sebastián Piñera in Bedrängnis. Jetzt hat die Opposition ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Milliardär eingeleitet. «Es könnte dazu führen, dass der unbeliebte Präsident seine in einigen Monaten sowieso endende Amtszeit früher beenden muss», sagt Sophia Boddenberg. Sie ist Journalistin in Santiago de Chile.
Das wird Piñera vorgeworfen: Der Präsident war während seiner ersten Amtszeit von 2010 bis 2014 Hauptaktionär eines umstrittenen Bergbaukonzerns und verkaufte die Aktien später an einen Schulfreund. Die Abwicklung des Geschäfts geschah teilweise im Steuerparadies Virgin Islands, weshalb ihm die Opposition jetzt Steuerhinterziehung und Korruption vorwirft. Laut den «Pandora Papers» soll sich Piñera gegenüber dem neuen Besitzer dazu verpflichtet haben, zu verhindern, dass neue Umweltauflagen den Ausbau der Mine sowie den Bau eines Hafens erschweren könnten. Inzwischen ermittelt auch die chilenische Staatsanwaltschaft gegen Piñera.
Deshalb das Amtsenthebungsverfahren: In wenigen Wochen finden in Chile Präsidentenwahlen statt, bei denen Piñera aber nicht mehr antreten darf. Insofern hänge das von der Opposition angestrebte Verfahren auch mit der Wahl zusammen, sagt Boddenberg. «Es geht dabei aber nicht ausschliesslich um ein Wahlkampfmanöver.» Schliesslich habe es wegen möglicher Menschenrechtsverletzungen während Protesten gegen Pandemie-Massnahmen bereits ein erstes Amtsenthebungsverfahren gegen Piñera gegeben. Damit kam die Opposition aber nicht durch.
Das sagen die Chileninnen und Chilenen: «In der Bevölkerung gibt es grosse Unterstützung für das Amtsenthebungsverfahren gegen Piñera», sagt die Journalistin. So sei es unter anderem zu Freudenkundgebungen gekommen, als der Entscheid am Mittwoch bekannt wurde. Piñeras Partei und seine Unterstützer dagegen werfen der Opposition vor, mit der Einleitung des Verfahrens Unruhe zu stiften und für politische Instabilität zu sorgen. Doch: «Der eigentliche Unruhefaktor ist Piñera selber», sagt Boddenberg.
Diese Erfolgschance hat das Verfahren: Zunächst muss nun eine parlamentarische Untersuchungskommission die Verfassungsklage bestätigen. Anschliessend kommt der Antrag zur Amtsenthebung in die Abgeordnetenkammer, in der es eine einfache Mehrheit braucht. Sollte die Opposition geschlossen dafür stimmen, kommt der Antrag durch. Schliesslich aber muss auch der Senat mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen, für die Amtsenthebung braucht es dort auch einige Stimmen der Regierungsparteien. «Das ist eher unwahrscheinlich – auch wenn einige Senatoren laut eigenen Angaben erwägen, für die Klage zu stimmen», so Boddenberg.