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Diamantproduktion in Indien stockt
Aus Rendez-vous vom 12.04.2023. Bild: WikimediaCommons/VaishP
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Folgen des Ukraine-Kriegs Die Diamantenstadt Surat funkelt etwas weniger

Neun von zehn Rohdiamanten weltweit werden in Indien geschliffen. Wegen der Russland-Sanktionen gibt es weniger Arbeit.

Früher hätte Kevadia Pankaj Khodabai nicht mal im Traum daran gedacht, mitten am Tag die Fabrik zu verlassen. «Ich habe sechs Tage die Woche von morgens bis abends gearbeitet, manchmal bis 23 Uhr», erzählt der 32-jährige Diamantschleifer.

Mann in blau-weiss-kariertem Hemd schaut direkt in die Kamera.
Legende: Kevadia Pankaj Khodabai, Diamantschleifer, hat zu wenig Arbeit. Viele seiner Kollegen sind schon entlassen worden SRF/Maren Peters

Doch seit ein paar Monaten sei alles anders. Weil nun weniger Rohdiamanten da seien, arbeite er nur noch 15 Tage pro Monat. Die Hälfte seiner Kollegen sei schon entlassen worden.

Grosse Firmen können weiter russische Diamanten beschaffen

Die indische Diamantindustrie leidet unter den indirekten Folgen des Ukraine-Krieges. Wegen der westlichen Sanktionen gegen Russland kommen seit Monaten deutlich weniger Rohdiamanten ins Land.

Vor dem Krieg lieferte Russland über die Staatsfirma Alrosa rund die Hälfte der indischen Rohdiamanten. Jetzt haben sich die Lieferungen halbiert, schätzen Branchen-Insider. Vielen Diamantschleifern in Surat geht die Arbeit aus.  

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Aus Rundschau vom 14.09.2022.
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Solche Schwankungen seien in der Branche Routine, sagt Damjibhai Mavani, Sekretär des Diamantschleifer-Verbands. «Es gibt kein Problem.» Die grossen Firmen könnten sich immer irgendwoher Diamanten beschaffen, auch aus Russland, meint er und lächelt vielsagend.

Mann sitzt in einem schwarzem Bürostuhl. Daneben steht nochmals der gleiche Drehstuhl.
Legende: Damjibhai Mavani, Sekretär der Surat Diamond Association, sagt: «Es gibt kein Problem.» SRF/Maren Peters

Das Familienunternehmen Lukhi Empire aus Surat handelt mit Rohdiamanten. Die mittelgrosse Firma hat 35 Angestellte. Die Geschäfte liefen nicht gut, sagt Händler Umesh Lukhi. Die Preise schwankten stark, im Moment seien sie tief. Grosse, finanzstarke Diamanthändler könnten solche Schwankungen abpuffern, sagt Lukhi. Die Mehrzahl der kleinen und mittleren Unternehmen aber nicht.

Tausende Diamantschleifer entlassen

Die Diamantarbeiter-Gewerkschaft schätzt, dass in den letzten Monaten bis zu 10'000 Diamant-Schleifer allein in Surat entlassen worden sind. Im ganzen Bundesstaat Gujarat könnten es sogar bis zu 20'000 sein, sagt Vize-Präsident Bhavesh Tank. Vor allem die kleineren Firmen hätten Probleme.

Mann in grauem Hemd hält eine Art Vergrösserungsgerät und sieht sich kleine Steinchen an, die er mit der Hand hält.
Legende: Ein Diamanthändler untersucht die Qualität der Rohdiamanten. Je heller und reiner, desto teurer SRF/Maren Peters

Tank befürchtet, dass es wieder so schlimm werden könnte wie in der Rezession 2008 oder wie nach der Covid-Krise. Als Folge der Pandemie verloren Zehntausende Diamantschleifer ihre Arbeit. Eine soziale Absicherung hatten sie nicht.

Die Zahl der Selbstmorde steigt

Viele Arbeiter seien danach nie mehr in die Diamantbranche zurückgekehrt, sagt Tank. «Die Arbeiter sind ungebildet. Wer eine Weile als Schleifer gearbeitet hat, findet keine andere Arbeit mehr.»

Der Gewerkschafter hat von vielen Diamantschleifern gehört, die sich das Leben genommen haben – aus Verzweiflung. Auch jetzt steige die Zahl der Suizide wieder.

Viele Männer sitzen auf Stühlen oder am Boden. Dahinter steht ein Baum.
Legende: Auf dem Diamanten-Markt im indischen Surat werden Diamanten unter offenem Himmel gehandelt SRF/Maren Peters

Auch Daya Bens Ehemann wusste keinen anderen Ausweg mehr. In der Coronakrise verlor er seinen Arbeitsplatz als Diamantschleifer, erzählt die junge Witwe, umringt von Verwandten und ihren drei kleinen Töchtern. Danach habe ihr Mann nur noch Gelegenheitsjobs als Schleifer gefunden – schlecht bezahlt, höchstens 12'000 Rupien im Monat, umgerechnet 135 Franken.

Weil das Geld nicht ausreichte, um seine Familie durchzubringen, nahm ihr Mann immer mehr Schulden auf. Als er auch die letzte Stelle verlor, schluckte er Gift. Die Familie fand ihn vor drei Wochen. Für Hilfe war es schon zu spät.

Rendez-Vous, 12.04.2023, 12:30 Uhr

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