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Forderung nach Waffenruhe UNO-Sicherheitsrat: USA erhöhen den Druck auf Israel

Nein, um eine Kehrtwende handle es sich nicht, tönte es unmittelbar nach der Verabschiedung der Resolution aus Washington. Doch eine graduelle Positionsverschiebung ist es durchaus.

Abgezeichnet hatte sie sich in zunehmend schärferer Kritik der US-Regierung an Israels Militäroperationen. Von Woche zu Woche etwas deutlicher. Vorigen Freitag legten dann die USA gar erstmals selbst dem Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vor, der einen sofortigen Waffenstillstand vorsah. Russland und China versenkten ihn allerdings mit ihrem Veto.

Vetomächte akzeptieren den Entscheid

Die nun gutgeheissene Resolution haben die zehn nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates ausgearbeitet. Die Schweiz spielte dabei eine aktive Rolle. Ihnen gelang es, dass diesmal keine der fünf Vetomächte den Beschluss blockierte.

Die USA zeigten mit ihrer Stimmenthaltung die grösste Flexibilität. Sie verzichteten auf ihre Forderung, eine Waffenstillstandsresolution müsse zwingend eine Verurteilung des Hamas-Terroraktes vom 7. Oktober enthalten. Und sie beharrten nicht länger darauf, dass ein Waffenstillstand an die vorgängige Freilassung sämtlicher israelischer Geiseln geknüpft war.

Die neue Resolution verlangt zwar von der Hamas die unverzügliche Geiselbefreiung. Doch sie fordert sie nicht als Vorbedingung für eine Waffenruhe.

USA erhöhen den Druck – Israel zeigt sich verärgert

Offenkundig verliert die US-Regierung von Joe Biden die Geduld mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Washington ist zwar noch weit davon entfernt, mit weniger Waffenlieferungen an den Verbündeten auch militärisch Druck zu machen. Sie hält aber den Moment für einen Schuss vor den Bug gekommen und erhöht politisch und diplomatisch den Druck.

Netanjahu reagiert entsprechend hochgradig verärgert über die Resolution und sagt die Visite einer hochrangigen israelischen Delegation in Washington aus Protest ab.

Konkrete praktische Schritte sind ungewiss

Die Sicherheitsratsresolution ist verbindlich und tritt sofort in Kraft. Ob sie tatsächlich im Terrain Wirkung entfaltet, ist indes offen. Bisher betonte die israelische Führung stets, sich keinesfalls von UNO-Beschlüssen die Hände beim Kampf gegen Hamas binden zu lassen.

Auch der Plan einer Offensive in Rafah besteht weiterhin. Dort haben sich Hamas-Kämpfer verschanzt, dorthin sind aber auch Hunderttausende von Palästinensern geflohen. Ebenso ungewiss ist, ob die Hamas nun endlich und sofort die israelischen Geiseln freilässt.

Die Waffenstillstandsresolution ist zunächst mal ein bemerkenswerter politischer Schritt. Ob daraus auch praktische Schritte folgen, zeigt sich in den nächsten Stunden und Tagen.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Echo der Zeit, 25.3.2024, 19 Uhr

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