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Frösteln zwischen EU und USA «Macron könnte der Brückenbauer sein»

Zur Begrüssung gab es Küsschen, und im Garten des Weissen Hauses pflanzten die beiden einen Baum. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump haben sich der Öffentlichkeit als ziemlich gute Freunde präsentiert.

Auch im Streit um das Atomabkommen mit Iran könnte es zu einer Annäherung kommen. Ein Teilerfolg für Macron, wie Korrespondent Sebastian Ramspeck in Brüssel bilanziert. Doch er bezweifelt, dass es Macron gelingen könnte, Trump von einem Rückzug aus dem Iran-Deal abzuhalten.

Sebastian Ramspeck

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

SRF News: Könnte Macron zu einem Brückenbauer zwischen den USA und der EU werden?

Sebastian Ramspeck: Wenn es einem gelingen könnte, eine Brücke zwischen der EU und den USA zu bauen, dann ganz sicher Emmanuel Macron. Er hatte Trump mit der Militärparade am französischen Nationalfeiertag bereits im vergangenen Jahr schwer beeindruckt – der US-Präsident war dort Ehrengast. Gestern wirkten die beiden wie allerengste Freunde: Sie hielten Händchen, umarmten und küssten sich. Das war natürlich auch etwas Show und Kalkül.

Wenn es einem gelingen könnte, eine Brücke zwischen der EU und den USA zu bauen, dann ganz sicher Emmanuel Macron.

Macron ist aber sicher der europäische Politiker, zu dem Trump das engste Verhältnis aufgebaut hat. Allerdings hat der französische Präsident diese Herzlichkeit bisher noch nicht in einen konkreten Verhandlungserfolg umsetzen können.

Wie kommt das gute Verhältnis zwischen Macron und Trump in der EU an, gerade im Hinblick auf das Atomabkommen mit Iran?

Die EU ist wirtschaftlich zwar ein Schwergewicht, politisch kann sie aber oft nicht sehr viel in die Waagschale werfen. Einer wie Macron ist dort hoch willkommen, denn die EU kann ihre Interessen auf internationaler Ebene nur mit starken Persönlichkeiten vertreten.

Nur wenn Macron auch einen konkreten Verhandlungserfolg vorweisen kann, ist das auch wirklich ein Erfolg für ihn.

Vom früheren US-Aussenminister Henry Kissinger stammt der berühmte Satz: «Wen rufe ich an, wenn ich Europa anrufen will.» Trump hat jetzt eine Telefonnummer, nämlich die von Macron. Und das stärkt natürlich auch Macrons Position als Führungsfigur innerhalb der EU. Aber nur, wenn er dann auch irgendwann einmal einen konkreten Verhandlungserfolg vorweisen kann, ist das auch wirklich ein Erfolg für ihn.

In der EU gab bisher die Wirtschaftsmacht Deutschland den Ton an. Bedroht die neue französisch-amerikanische Freundschaft Bundeskanzlerin Angela Merkel?

Ich stelle mir vor, dass Merkel ihren neuen französischen Partner sehr zwiespältig sieht. Sie ist eine Pragmatikerin. Als solche hat sie Interesse an einem starken französischen Präsidenten, der die gemeinsamen Interessen der EU-Staaten zum Beispiel gegenüber den USA durchsetzen kann. Gleichzeitig ist auch klar, dass Macron den Platz einnehmen will, den Merkel jahrelang innehatte.

Er will der Primus der EU-Staatschefs sein und für die Union den Takt und die Richtung vorgeben. Damit kann er Deutschland sehr unangenehm werden, denn in einem Punkt steht Macron dem amerikanischen Präsidenten näher, als Merkel lieb sein kann: Beide kritisieren den gigantischen Handelsüberschuss Deutschlands und fordern Korrekturen.

Es ist klar, dass Macron den Platz einnehmen will, den Merkel jahrelang innehatte.

Macron hat Trump gegenüber signalisiert, auch er sei an einem neuen Atomabkommen mit Iran interessiert. Schafft er es, dafür seine europäischen Partner an Bord holen?

Macron weicht mit seinem Vorschlag eines neuen, viel umfassenderen Iran-Deals von der offiziellen EU-Position ab. Für Brüssel war die Atomfrage immer das Eine. Den Einfluss Irans beispielsweise in Syrien will die EU als separates Problem angehen. Macron aber will beide Themen in einem umfassenden Iran-Deal miteinander verknüpfen, in dem das bisherige Atomabkommen als einer von mehreren Pfeilern weiter existieren würde.

Im Moment spricht vieles dafür, dass sich die USA Mitte Mai wie angedroht aus dem Atomabkommen mit Iran zurückziehen werden.

Wenn Macron Trump auf diese Weise tatsächlich davon überzeugen könnte, das Atomabkommen beizubehalten, würde die EU das wohl oder übel schlucken müssen. Das wäre besser als gar nichts. Und das wäre dann ein erster grosser Erfolg für Macron. Im Moment aber spricht vieles dafür, dass sich die USA Mitte Mai wie angedroht aus dem Atomabkommen mit Iran zurückziehen werden und es Macron nicht gelingt, im Iran-Dossier den grossen Durchbruch zu erzielen.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

Audio
Macron als Brückenbauer zwischen der EU und den USA? Einschätzung von Sebastian Ramspeck
aus SRF 4 News aktuell vom 25.04.2018.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 45 Sekunden.

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