Was sind die Kernthemen? Die Staats- und Regierungschefs der G7-Länder USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Italien wollen vor allem Einigkeit demonstrieren. Ein Signal senden der Geschlossenheit grosser westlicher Demokratien. Gegenüber Russland und dem immer enger mit ihm verbündeten China. Beschlossen werden soll ein Marshall-Plan für die Ukraine, nach dem Vorbild des US-Plans, der nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland auf die Beine half.
Die Sieben wollen Beharrlichkeit zeigen bei den Sanktionen gegen Russland und verhindern, dass der Schulterschluss gegen den Kriegsherrn Wladimir Putin bröckelt. Es soll auch verhindert werden, dass das dringliche Streben nach Energiesicherheit die Klimaschutzziele torpediert. Dem soll ein neu zu schaffender «Klimaklub» dienen, dessen Mitglieder sich hinter bisherige und allenfalls neue Klimaziele stellen. Es geht ausserdem darum, die Folgen des Ukraine-Krieges – Lebensmittelknappheit, horrende Energiepreise – vor allem auch für arme Länder zu lindern. Und es geht um gemeinsame Vorkehren im Fall künftiger Pandemien. Kurz: Es geht um sehr viel.
Wer prägt den G7-Gipfel? Dank ihrer wirtschaftlichen und militärischen Stärke sind die USA in diesem Kreis stets die Nummer 1.
- Doch Präsident Joe Biden profiliert sich zwar im Ukraine-Konflikt; er kann Allianzen schmieden. Doch sein Rückhalt in den USA ist begrenzt. Er steht vor Zwischenwahlen, die seine Partei klar verlieren dürfte. Das schmälert sein Gewicht in der Welt.
- Der Gipfel-Gastgeber, Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz , ist ein G7-Neuling und laviert angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine. Ihm fehlt jedes Charisma.
- Grossbritanniens Premier Boris Johnson steht zuhause unter Druck, auch in der eigenen Partei. Er möchte mit aussenpolitisch forschem Auftreten davon ablenken.
- Der französische Präsident Emmanuel Macron war eine der Schlüsselfiguren der jüngsten G7-Gipfel, ist aber angeschlagen, weil er seine Mehrheit im Parlament verloren hat.
- Italiens Ministerpräsident Mario Draghi ist ein politisches Auslaufmodell. In seinem Land dürften die starken pro-russischen Kräfte bald wieder lauter werden und den von Draghi vorgegebenen Kurs gefährden.
- Kanadas Premier Justin Trudeau ist längst nicht mehr die Lichtgestalt, die er bei seinem Amtsantritt war. Als Regierungschef stolpert er von Krise zu Krise.
- Der japanische Regierungschef Fumio Kishida ist noch unerfahren, stellt sich aber angesichts des Ukraine-Kriegs überraschend entschlossen ins westliche Lager.
Die G7 sind also momentan personell kein starkes Ensemble. Auffallend und aus der Zeit gefallen: Erstmals seit langem regiert keine Frau mehr einen G7-Staat. Es ist ein Männerklub geworden.
Was können die G7 erreichen? Gelingt es ihnen, ihren Schulterschluss nach der russischen Ukraine-Invasion zu sichern, haben sie schon viel erreicht. Allerdings: G7-Beschlüsse sind nicht in Stein gemeisselt und rechtlich für niemanden verbindlich. Schon gar nicht für Staaten, die gar nicht zum exklusiven Klub gehören. Die wissenschaftliche Überprüfung, ob die G7-Staaten ihre eigenen Vereinbarungen einhalten, zeigen indes erstaunlich positive Ergebnisse.