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Gasturbinen aus der Schweiz Der Bund finanziert in Bangladesch ein Gaskraftwerk

Bern hat versprochen, keine fossilen Brennstoffe mehr zu unterstützen. Doch im vorliegenden Fall gilt das noch nicht.

Der Bund beteiligt sich in Bangladesch an einem neuen Gaskraftwerk, obwohl er auf internationaler Bühne versprochen hat, künftig keine fossilen Anlagen mehr im Ausland zu finanzieren.

Es geht um ein Elektrizitätswerk südlich der Hauptstadt Dhaka. Die Asiatische Infrastrukturbank AIIB unterstützt das Kraftwerk mit umgerechnet 120 Millionen Franken. Auch das Mitgliedsland Schweiz hat dem Projekt zugestimmt.

Subventionen für fossile Kraftwerke?

Klimaorganisationen wie Oil Change International kritisieren die Schweizer Beteiligung an dem Kraftwerk, durch welches das Klima weiter erwärmt wird und der Meeresspiegel steigt. Zumal die Auswirkungen vor allem arme Länder wie Bangladesch zu spüren bekommen, das schon jetzt regelmässig überflutet wird.

Kohle nein – Gas eventuell schon

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Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft Seco begründet die Schweizer Beteiligung am Gaskraftwerk in Bangladesch folgendermassen: Die Schweiz lehne zwar den Ausbau von Kohlekraftwerken ab, Beteiligungen an Gaskraftwerken unter eng definierten Ausnahmen seien aber weiter möglich. Dies sei dann der Fall – so das Seco –, wenn der Energiebedarf durch erneuerbare Energien nicht gedeckt werden könne und das Gasprojekt in Einklang mit den Klimazielen des Landes stehe.

Schon jetzt zu viel Strom in Bangladesch

Doch der Bund hält an dem Gaskraftwerk fest – und Klimaaktivisten reiben sich verwundert die Augen: «In Bangladesch gibt es schon jetzt massive Überkapazitäten an Energie – es braucht dort kein weiteres Gaskraftwerk», sagt Adam McGibbon von Oil Change International.

So ging die Klimaorganisation Clean aus Bangladesch schon Ende letzten Jahres davon aus, dass das südasiatische Land gut 30 Prozent mehr Energie produziert, als es benötigt. Seitdem sind weitere Kohlekraftwerke in Betrieb gegangen.

Es braucht kein weiteres Gaskraftwerk in Bangladesch.
Autor: Adam McGibbon Klimaorganisation Oil Change International

Wenn überhaupt, dann hätte die Schweiz besser in Wind- oder Sonnenenergie investiert, heisst es bei Clean. Damit wäre es für Bangladesch auch einfacher, seine Klimaziele zu erfüllen.

In Bern verteidigt sich das Seco: Alternative Kraftwerke seien durchaus geprüft worden, doch man sei zum Schluss gekommen, dass nicht genug Wasserkraft-, Solar- und Windenergie verfügbar sei. Überprüfbar ist das nicht: Der gesamte Planungsprozess fand hinter verschlossenen Türen statt.

Gasturbinen stammen aus der Schweiz

Dass sich der Bund nach der UN-Klimakonferenz von Glasgow noch an einem Gaskraftwerk beteiligt, könnte noch einen anderen Grund haben: Schweizer Arbeitsplätze. Denn die Gasturbinen, die in Bangladesch die Energie erzeugen, stammen von General Electric in der Schweiz.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin schrieb dem WWF, General Electric habe den Exportauftrag für Bangladesch 2019 erhalten – weil Aussicht auf eine von der bundeseigenen Exportrisikoversicherung gedeckte Finanzierung bestanden habe.

«Öffentliche Subventionen für fossile Kraftwerke gehen grundsätzlich nicht mehr», sagt Patrick Hofstetter vom WWF Schweiz. Die NGO hat Wirtschaftsminister Parmelin in einem Brief aufgefordert, die Beteiligung zurückzuziehen.

Mit dieser Versicherung unterstützt der Bund Schweizer Exporteure mit dem Ziel, Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern und den Wirtschaftsstandort zu stärken.

Die Exportrisikoversicherung hat ihre eigenen Klimarichtlinien erst mit drei Monaten Verspätung den Glasgower Klimaversprechen angepasst: Gemäss der neuen, Anfang März in Kraft getretenen Richtlinie, dürfte sie keine fossilen Kraftwerke mehr unterstützen.

Eine rückwirkende Begutachtung sei jedoch nicht vorgesehen, heisst es beim Seco. Für das Gaskraftwerk in Bangladesch gilt die strengere Richtlinie damit nicht. Es wurde schon im Dezember beschlossen.

Rendez-vous, 18.4.2023, 12:30 Uhr

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