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Gaza-Abkommen Eine fragile Waffenruhe, aber noch lange kein Frieden

Es ist der Tag der grossen Emotionen, der kollektiven Erleichterung: In Israel als auch im Gazastreifen liegen sich die Menschen in den Armen, weinen vor Freude. US-Präsident Donald Trump schreibt auf seiner Social-Media-Plattform bereits, es handle sich um einen ersten Schritt zu «everlasting peace», zu «immerwährendem Frieden».

Doch das vereinbarte Abkommen ist alles andere als fertig, noch immer sind Punkte offen. Das Abkommen wurde in sehr kurzer Zeit zusammengezimmert. Dies wohl nicht zuletzt auf Druck des US-Präsidenten, der davon träumt, dass ihn das Nobelpreiskomitee in Oslo morgen mit dem Friedensnobelpreis auszeichnen wird.

Nur ein erster Schritt

Geeinigt hat man sich im Abkommen auf einen ersten Schritt, von dem beide Seiten profitieren und den beide als Erfolg verkaufen können: Während die Hamas die Geiseln freilässt, lässt Israel eine grössere Zahl palästinensischer Gefangener frei und zieht sich teilweise aus Gaza zurück. Zudem werden mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen gelassen. 

Das ist zweifelsohne ein Erfolg. Ein Erfolg, der nur dank massivem Druck der USA auf die israelische Regierung und dank massivem Druck diverser muslimischer und arabischer Staaten auf die Hamas überhaupt möglich geworden ist.

Wenn jetzt nichts mehr dazwischenkommt, folgen in den nächsten Tagen wohl die emotionalen TV-Bilder, welche sich Trump erhofft: die Freilassung der Geiseln, eine Waffenruhe, Lieferungen von Hilfsgütern in den grossflächig zerstörten Gazastreifen. Das ist eine Verschnaufpause, auf die beide Seiten gehofft haben. 

Viele strittige Punkte

Aber die Punkte, auf die man sich geeinigt hat, gleichen jenen Punkten, bei denen schon in früheren Verhandlungsrunden Einigungen erzielt werden konnten.

Komplizierter wird es danach, wenn es um die noch offenen Punkte des Plans geht. Etwa die Entwaffnung der Hamas, wer Gaza künftig kontrollieren und regieren wird – oder ob sich die israelische Armee auch wirklich aus dem Gazastreifen zurückzieht. Hier liegen die Positionen beider Seiten nach wie vor weit auseinander. Hier haben sich die Verhandlungen in der Vergangenheit immer wieder in die Länge gezogen, haben nicht zum Ziel geführt. 

Gefahr erneuter Kämpfe

Die Gefahr ist darum gross, dass nach der ersten Phase Schluss ist mit Einigkeit. Dass sich die Verhandlungen erneut in die Länge ziehen. Dass die Kämpfe wieder ausbrechen – etwa auch wegen Forderungen der ultra-rechten Siedler in der israelischen Regierung. Die Frage dabei ist: Wie viel Druck macht Trump nach der ersten Phase weiterhin auf die israelische Regierung? Wie viel Druck machen Katar, Ägypten und die Türkei weiterhin auf die Hamas? 

Der Nahostkonflikt zwischen Israeli und Palästinensern dauert schon seit Jahrzehnten, die Fronten sind verhärtet. Mancher US-Präsident hat sich an diesem Konflikt die Zähne ausgebissen. Trumps bisheriger Plan beinhaltet nicht viel mehr als vage Aussichten auf eine friedliche Koexistenz, irgendwann in der Zukunft vielleicht – ohne Details, wie diese aussehen soll. 

So bleibt fürs Erste eine fragile Waffenruhe. Von einem «immerwährenden Frieden», wie Trump schreibt, ist der Nahe Osten noch weit entfernt.

Anita Bünter und Jonas Bischoff

Nahost-Korrespondenten

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Anita Bünter und Jonas Bischoff sind die Nahost-Korrespondenten des Schweizer Fernsehens. Anita Bünter war zuvor Produzentin der Sendung «10vor10». Jonas Bischoff war vormals Produzent bei Radio SRF 4 News.

Tagesschau, 9.10.2025, 12:45 Uhr;liea

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