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Gefährliche Überfahrt Frankreich will gegen die Migration an der Kanalküste vorgehen

Täglich fahren hunderte Migranten über den Ärmelkanal von Frankreich nach Grossbritannien. Ein Problem für beide Länder.

Migrantinnen und Migranten versuchen mit kleinen Booten von Frankreich nach Grossbritannien zu gelangen. Sie hoffen auf eine bessere Zukunft. Die britische Regierung wirft Frankreich vor, nicht genug gegen die Überfahrten zu machen.

Frankreich seinerseits beschwert sich ebenfalls. So beschuldigte Innenminister Darmanin Grossbritannien, eine Vereinbarung nicht eingehalten zu haben. Laut dieser müsste sich das Land mit rund 60 Millionen Euro an den Kosten der Überwachung beteiligen. Ein anderes Problem sei die Länge der Küste. Es fehle den französischen Sicherheitskräften die Kapazität, um diese rund 130 Kilometer rund um die Uhr streng zu bewachen.

Nun ist bekannt geworden, dass die französischen Behörden eine grosse Zahl von Militärfahrzeugen und Boote für die Küstenwache bestellt haben, um die Migration einzudämmen.

Wie sieht es auf der französischen Seite aus?

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Eine Migrantin läuft mit zwei Kindern an der Hand vor zwei Polizisten.
Legende: Keystone

Regelmässig würden einige tausend Leute, vor allem junge Männer, aber auch Frauen und Kinder campieren, erklärt Daniel Voll. Frankreich habe eine Reihe von Zentren für Migranten eingerichtet, weiter entfernt vom Kanal und von Calais, wo die Überfahrt von Frankreich nach Grossbritannien am kürzesten ist. «Eine grosse illegale Zeltstadt hat Frankreich vor sechs Jahren aufgelöst, der sogenannte Dschungel. Seither entstehen regelmässig kleine Zeltdörfer, wo sich Migranten sammeln. Auch wenn die Polizei diese Zelte abbricht, werden sie meist nach wenigen Stunden wieder aufgebaut, manchmal sogar am gleichen Ort.»

Frankreich klagt auf der einen, Grossbritannen auf der anderen Seite. Es gebe mehrere Gründe, warum die Migrantinnen und Migranten in dieses Land wollen, erklärt SRF-Grossbritannienkorrespondent Patrik Wülser:

  • Familienmitglieder in Grossbritannien und somit soziale Anknüpfungspunkte
  • Die englische Sprache , die sie verstehen
  • Grossbritannien als Arbeitsplatz-Paradies mit zehntausenden offenen Jobs
  • Staatliches und unentgeltliches Gesundheitssystem
  • Eine Art Traumdestination für viele Migranten aus ehemaligen britischen Kolonien 

Somit stranden jeden Tag hunderte Migrantinnen und Migranten an britischen Küsten. Das sei ein Drama, so Wülser, wenn Menschen im November in Gummibooten eine der meistbefahrenen und gefährlichsten Meeresengen überqueren. Für niemanden ist die Situation einfach. So beschrieb der Bürgermeister von Dover am Wochenende, was es für die Hafenstadt bedeute, wenn an einem Tag 1000 unterkühlte Frauen, Männer und Kinder ankommen.

Mehrere Migranten stehen orangen Schwimmwesten auf einem Boot
Legende: «Die Menschen müssen versorgt werden. Sie haben kalt, wollen irgendwo schlafen, haben Hunger. Das ist eine Herausforderung für die Behörden, logistisch, aber auch emotional und für viele Anwohnerinnen und Anwohner auch zunehmend bedrohlich», sagt Patrik Wülser. Keystone

Grossbritannien ist seit dem Brexit nicht mehr Teil des Dublin-Abkommens, mit dem Flüchtlinge zurückgeschafft werden können. «Von den 25'000 Migrantinnen und Migranten, die in diesem Jahr hier gestrandet sind, konnten genau fünf zurückgeschafft werden», sagt der Grossbritannien-Korrespondent.

Die britische Regierung verfolge nun verzweifelt mögliche und unmögliche Ideen. «Man verspricht den Franzosen, Millionen von Pfund zu bezahlen, damit sie ihre Küste besser bewachen. Man will die Flüchtlingsboote mit schweren Booten in französische Gewässer zurückdrängen. Ganz aktuell verhandelt man mit Ländern wie Ruanda, Albanien oder Ghana über sogenannte Offshore-Asylzentren, also Asylzentren im Ausland.»

Innenpolitische Brisanz auf beiden Seiten

Boris Johnson und seine Regierung werden zunehmend der Unfähigkeit bezichtigt, insbesondere von den eigenen konservativen Wählerinnen und Wählern. Johnson hat die Wahl mit dem Slogan «Take back control» gewonnen.

Boris Johnson trägt einen Anzug und geht aus einer Tür.
Legende: Die Einschränkung der Migration war eines der grossen Versprechen des Brexits. «Allein in diesem Jahr eine Verdreifachung der Bootsflüchtlinge – das ist das Gegenteil davon», sagt Patrik Wülser. Keystone

«Die Konservativen fürchten, dass sie Wähler an eine neue rechtspopulistische Partei verlieren könnten. Labour kritisiert, dass man nicht die Entwicklungshilfe kürzen und gleichzeitig glauben kann, dass dies keine Auswirkung auf die Migration hat. Sie fordern eine ganzheitliche Migrationspolitik», so Wülser.

Und auch in Frankreich sei das Thema innenpolitisch brisant – gerade in Wahlzeiten. Im politischen rechten Lager werde die Situation an der Kanalküste als eines der grossen Probleme gesehen, sagt der Frankreich-Korrespondent. Die Kandidatinnen und Kandidaten der konservativen Républicains würden sich derzeit mit Vorschlägen, wie sie auch die legale Migration stoppen wollen, überbieten.

SRF 4 News, Rendez-vous, 23.11.2021, 12:30 Uhr ; 

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