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Gegen geplante Rentenreform Über eine Million Menschen gehen in Frankreich auf die Strasse

  • Wegen der geplanten Rentenreform der französischen Regierung streikten in Frankreich laut dem Innenministerium über 1.1 Millionen Menschen.
  • Von den Streiks betroffen waren das Zugsystem, der Flugverkehr, die Stromproduktion, Raffinerien, Schulen und Spitäler.
  • Bei der Rentenreform handelt es sich um das wohl wichtigste Vorhaben der Regierung.

«Wir wollen leben, nicht nur überleben» singen als Skelette geschminkte Demonstrantinnen in Paris beim Protest gegen die geplante Rentenreform der französischen Regierung.

Landesweit und branchenübergreifend streikten und protestierten die Gegner des wohl wichtigsten Vorhabens der Regierung, nachdem Gewerkschaften dazu aufgerufen haben. Die Menschen legten einen Teil des Zugsystems und des Flugverkehrs lahm, drosselten die Stromproduktion, bestreikten Raffinerien sowie Schulen und Krankenhäuser.

Über 1.1 Millionen Menschen haben landesweit gegen die Rentenpläne protestiert. Das teilte das französische Innenministerium mit. Die Gewerkschaften sprachen von einer Beteiligung von über zwei Millionen Menschen bei den mehr als 200 Protesten.

Rentenreform: Das plant Macrons Regierung

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Die Regierung unter Präsident Emmanuel Macron will das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Ausserdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen. Etliche Einzelsysteme mit Privilegien für bestimmte Berufsgruppen sollen abgeschafft werden. Für Menschen, die besonders früh angefangen haben zu arbeiten oder deren Arbeitsbedingungen aussergewöhnlich hart sind, soll es jedoch früher in den Ruhestand gehen.

Für die Gewerkschaften ist der Reformplan brutal und ungerecht. Viele Demonstrantinnen und Demonstranten in Paris sprechen sich vor allem gegen die längere Arbeitszeit aus. «Ich sehe mich im Alter von 64 Jahren nicht hinter Kindern herrennen», sagt die 57-jährige Adekoya, die mit Kleinkindern arbeitet.

Die 49-jährige Sylvie aus dem Pflegebereich erzählt: «Meine Kollegen sind schon überall kaputt. Die Schultern, der Rücken, alles ist abgenutzt. Es wird für uns schon schwierig sein, bis 62 durchzuhalten.»

Für die Regierung notwendig

Die Regierung hält das Vorhaben aber für notwendig, begründet es damit, dass das jetzige System sich langfristig nicht finanzieren lasse. Immerhin gebe es in der alternden Bevölkerung immer weniger einzahlende Arbeitnehmer pro Rentner.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte, das aktuelle System würde im Jahr 2030 ein Minus von 13.5 Milliarden Euro angehäuft haben. Auch Regierungssprecher Olivier Véran betonte: «Das ist keine aufrechterhaltbare Situation, weil sie uns kollektiv in Gefahr bringt.»

Reform nötig, aber nicht so

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Einer Umfrage zufolge halten zwar auch vier von fünf Franzosen eine Reform für nötig, den aktuellen Plan lehnen aber mehr als 60 Prozent ab. Ein Demonstrant, der seinen Namen nicht in den Medien sehen will, meint: «Es würde reichen, die öffentliche Gelder umzulenken.» Die Regierung wirbt: Mit der Reform kann auf Rentenkürzungen, höhere Rentenbeiträge und eine höhere Staatsverschuldung verzichtet werden.

Im Parlament kann die Regierung wohl auf die Unterstützung der Konservativen setzen. Ob der Gegenwind von der Strasse, ihr einen Stein in den Weg legen wird, bleibt abzuwarten. Die Gewerkschaften wollen, dass die Bewegung anhält, es verlängerbare Streiks gibt.

Erwartbare Kritik

Die heftige Kritik an der Reform war erwartbar. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Macron das Rentensystem reformieren wollen. Wochenlang gab es Streiks gegen das Vorhaben, das letztlich wegen der Corona-Pandemie verschoben wurde.

Man sagt, es gibt die Gefahr eines Stillstands, aber es liegt nicht an uns, es liegt an ihnen.
Autor: Françoise Lemaulf Demonstrantin

Nun gibt sich die Regierung betont entspannt, versichert, die Sorgen ihrer Bevölkerung hören zu wollen, ruft die durchaus Streikfreudigen aber auch dazu auf, nicht zu blockieren. «Man sagt, es gibt die Gefahr eines Stillstands, aber es liegt nicht an uns, es liegt an ihnen», sagt die 68-jährige Françoise Lemaulf.

«Was wir letztlich wollen, ist sozialer Fortschritt», sagt die Forscherin und Gewerkschafterin Lou Chenier. Die 37-Jährige, die Teil der Skelett-Tanztruppe ist, meint: «Die Rente sollte ein Moment der Ruhe und der Pause sein und nicht ein Sterbeheim.»

SRF 4 News, 19.01.2023, 09:30 Uhr ; 

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