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Geplanter Angriff auf Selenski Wieso arbeiten Ukrainerinnen und Ukrainer mit Russland zusammen?

Zwei ukrainische Gardisten wollten Selenski ermorden. Wie und wieso kommt es zu russisch-ukrainischen Kollaborationen?

Die aufgeflogenen Attentatspläne gegen Präsident Selenski haben Folgen für den Chef der Staatsgarde. Selenski hat Serhi Rud entlassen. Zwei Mitglieder dieser Garde wurden vor zwei Tagen verhaftet, weil sie Selenski und weitere Spitzenbeamte ermorden wollten – im Auftrag des russischen Geheimdienstes.

Auslandredaktorin Judith Huber gibt Antworten zu den russisch-ukrainischen Kollaborationen.

Judith Huber

Osteuropa-Korrespondentin

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Vor ihrer Tätigkeit als Osteuropa-Korrespondentin war Judith Huber als Auslandredaktorin tätig. Sie war zudem jahrelang Produzentin der Sendung «Echo der Zeit» von Schweizer Radio SRF. Judith Huber ist spezialisiert auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion und ist Sonderkorrespondentin für die Ukraine.

Was ist bekannt zum gescheiterten Anschlag auf Selenski?

Nicht nur der Präsident Wolodimir Selenski, sondern auch die Chefs der zwei wichtigsten Geheimdienste hätten ermordet werden sollen. Zu diesem Zweck hat der russische Geheimdienst zwei Offiziere in der Behörde rekrutiert. Diese waren für den Schutz des ukrainischen Präsidenten und hoher Beamte zuständig. Die Anschlagspläne waren offenbar schon weit fortgeschritten. Die Motivation dieser Leute kennen wir nicht.

Gruppe von ukrainischen Soldaten in Tarnuniform mit Gesichtsbedeckungen stehen in einer Reihe.
Legende: Die ukrainischen Geheimdienste hatten schon früher ein Problem mit russischer Unterwanderung. Das Problem ist offenbar noch nicht gelöst. Reuters/Annegret Hilse (17.08.2023)

Wieso arbeiten Ukrainer mit Russland zusammen?

In vielen Fällen geht es um Geld oder andere Vorteile, etwa beim Verrat von potenziellen Angriffszielen. Einige werden auch erpresst, zum Beispiel, wenn Verwandte sich in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine aufhalten. Was die besetzten Gebiete oder die temporär besetzten und wieder befreiten Gebiete betrifft, so haben manche Leute dank einer Kollaboration mit Russland eine Karriere gemacht. Diese wäre ihnen zu Friedenszeiten versperrt geblieben. Ein anderer Punkt ist die tatsächliche Überzeugung: Sie trauern den alten Zeiten nach oder glauben der russischen Propaganda.

Ukrainischer Mann mit Glatze blickt aus Bahnhofsbahnsteig in Zugfenster.
Legende: Die russische Propaganda gaukelt den Menschen paradiesische Zeiten vor, sollten die Russen das Sagen haben. Diese Leute werden in der Ukraine «Stony» genannt – wartende Menschen, die auf die sogenannte russische Welt warten. Keystone/AP/EMILIO MORENATTI (03.03.2022)

Wie sieht eine Kollaboration mit Russland aus?

Am häufigsten werden wohl militärische Geheimnisse verraten. Das sind zum Beispiel bestimmte Standorte, die Position der Luftabwehr, kritische Infrastruktur oder Informationen über Waffenlieferungen. In gewissen Fällen übernehmen ukrainische Bürgerinnen und Bürger Ämter in den Besatzungsbehörden. Oder sie verraten den russischen Besatzern, wo Wertgegenstände versteckt oder welche Nachbarn ukrainische Patrioten seien. In letzter Zeit hat der russische Geheimdienst die Bemühungen, Ukrainer und Ukrainerinnen zu rekrutieren, nochmals verstärkt.

Was passiert mit Ukrainerinnen und Ukrainern, die mit Russland kollaborieren?

Es gibt immer wieder Meldungen der Behörden, dass Leute deswegen verhaftet worden seien. Auch die öffentliche Unterstützung der russischen Aggression gilt gemäss Gesetz als Kollaboration und kann bestraft werden. Es gibt schon über 1000 Verurteilungen in der Ukraine und mehrere Tausend Anklagen.

Rendez-vous, 10.05.2024, 12:30 Uhr ; 

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