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Gewalt gegen Rohingya «Für viele Burmesen ist Facebook das Internet»

Im UNO-Bericht zu Burma über die Vertreibung der muslimischen Minderheit der Rohingya wird auch die Rolle von Facebook kritisiert. Das Social-Media-Unternehmen soll entscheidend zur Verbreitung des Hasses beigetragen haben. Facebook hat nun rund 20 Personen oder Organisationen in Burma gesperrt, darunter den Militärchef, dessen Einträge fast vier Millionen Nutzer verfolgen. Einschätzungen von Südostasien-Korrespondentin Karin Wenger zur späten Erkenntnis von Facebook und der Rolle der Plattform in Burma.

Karin Wenger

Südostasien-Korrespondentin, SRF

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

SRF News: Wie haben diese Personen auf Facebook Stimmung gegen die Rohingya gemacht?

Karin Wenger: Der Armeechef beispielsweise hat die Rohingyas als «Bengalen» bezeichnet und damit verdeutlicht, dass er sie nicht als burmesische Staatsbürger anerkennt. Er sprach ihnen zugleich den Status als Minderheit ab, indem er sagte, «Rohingya» sei eine Wortkonstruktion. Dazu kam ganz deutliche Hetze, indem man die Rohingya als Eindringlinge bezeichnete, welche allesamt zurück nach Bangladesch getrieben werden müssten.

So wurde etwa geschrieben: «Zündet sie an, damit sie schneller zu Allah kommen. Wir müssen sie bekämpfen, wie Hitler das mit den Juden gemacht hat.» Solche Hassreden führten in verschiedenen Fällen dazu, dass die mehrheitlich buddhistische Bevölkerung Muslime angriff. Auch deswegen sperrte jetzt Facebook diese Konten und Seiten, die ungefähr zwölf Millionen Anhänger hatten.

Laut UNO-Bericht hat Facebook zu langsam auf die Hassreden reagiert. Stimmt das?

Das gibt sogar Facebook selbst zu und schreibt, die Gewalt in den ethnischen Konflikten sei schrecklich und Facebook habe zu langsam auf die Einträge reagiert, welche die Gewalt noch angeheizt hätten. Nur seien mehr Technologie und Leute zur Verfügung, um Hassreden schneller zu identifizieren. Experten und Menschenrechtsgruppen warnen schon seit Jahren vor den Facebook-Einträgen.

Nun will Facebook auf Druck des UNO-Berichts offenbar endlich handeln. Es ist das erste Mal überhaupt, das Facebook Militärführer eines Landes aus dem sozialen Netzwerk verbannt. Von Seiten, welche die Armee als unabhängige News-Seiten darstellte. Die Grösse des Problems zeigt auch eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters, wonach es Anfang Monat noch über tausend Facebook-Einträge mit Angriffen auf Muslime gab.

Mit der jetzigen Sperrung ist also das grundlegende Problem nicht behoben?

Keinesfalls. Das grundlegende Problem ist, dass die muslimische Minderheit der Rohingya weiterhin nicht als Burmesen anerkannt und seit Jahrzehnten diskriminiert wird. Diese Gewalt kommt nicht nur von den Generälen, sondern wurde auch von radikalen buddhistischen Mönchen geschürt und von vielen Burmesen geteilt. Die Vorurteile und der Hass sind in der Bevölkerung tief verwurzelt. Da müsste eine Veränderung stattfinden.

Im ehemals isolierten Burma ist Facebook für die meisten Menschen die wichtigste Informationsquelle. Wie muss man sich das Vorstellen?

Für viele Burmesen ist Facebook das Internet und wird damit gleichgesetzt. Hat man sich früher auf dem Dorfplatz zusammengesetzt, so hat sich der ganze Klatsch nun auf Facebook verlagert – natürlich ohne Kontrolle. Seit der Öffnung hat sich viel verändert. So gab es 2011 noch 1,3 Millionen Telefonabonnenten. Heute haben 90 Prozent der 50 Millionen Burmesen ein Handy und 18 Millionen sind Facebook-Benutzer. Vor 2014 kostete eine SIM-Karte noch 1000 Dollar oder mehr, heute sind es wenige Cents. Das Smartphone ist allgegenwärtig, jedermann hat eines.

Haben die sozialen Plattformen auch positive Effekte für die Menschen in Burma?

Auf jeden Fall. Ich sah dies überall und immer wieder. Ich erinnere mich an einem armen Fischer, der jetzt die Preise auf Facebook überprüfen und gezielter verkaufen kann. Zu denken ist aber auch an andere ethnische Minderheiten der Kachin und Shan. An ihnen werden ebenfalls schlimmste Verbrechen begangen. Dort wurden in entlegenen Gebieten kleine Radiostationen eingerichtet, mit deren Hilfe man sich dank Smartphone austauschen und gegenseitig vor Angriffen warnen kann.

Das Gespräch führte Samuel Wyss.

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