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Weite Gebiete der Sahelzone werden zum rechtsfreien Raum
Aus SRF 4 News aktuell vom 07.11.2019.
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Gewalt in der Sahelzone «Viele sehen keine Perspektive in ihrem Leben»

Die Sahelzone wird seit einigen Monaten von einer neuen Welle der Gewalt heimgesucht. Dies komme nicht plötzlich, sagt Thomas Schiller. Vielmehr handle es sich dabei um eine langfristige Entwicklung.

Thomas Schiller

Thomas Schiller

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Thomas Schiller arbeitet für die Konrad-Adenauer-Stiftung in der malischen Hauptstadt Bamako. Er bereist regelmässig auch die anderen Länder der Region.

SRF News: Wie deuten Sie die zunehmenden Angriffe auf Sicherheitskräfte in der Sahelzone?

Thomas Schiller: Das ist keine neue Entwicklung. Seit mehreren Jahren schwelen in der Sahelzone mehrere Konflikte. Sie sind vom internationalen oder lokalen Terrorismus, aber auch von innerethnischen Konflikten getrieben. Sie äussern sich etwa in Attacken auf staatliche Sicherheitskräfte.

Was hat sich im Verlauf des letzten Jahres geändert?

Die Staaten in der Sahelzone haben manche Teile ihres Gebiets nicht mehr unter Kontrolle. Bewaffnete Banden jeglicher Art treiben dort ihr Unwesen – seien sie nun terroristischer, krimineller oder ethnischer Natur. Das erklärt die steigende Gewalt: Sie operieren dort, ohne von staatlichen Sicherheitskräften bedrängt zu werden.

Gibt es ausser der Schwäche der Staaten in der Sahelzone andere Gründe für die zunehmende Gewalt?

Es gibt ein ganzes komplexes Bündel an Gründen: Die Bevölkerung ist extrem jung, viele Menschen sehen keine wirtschaftliche Perspektive. Zudem greifen traditionelle Lösungsansätze für Konflikte, etwa ethnischer Art, angesichts der Abwesenheit staatlicher Strukturen nicht mehr.

Perspektivlosigkeit macht junge Menschen zur leichten Beute von Terroristen und Kriminellen.

Ein Problem ist auch der Bevölkerungsdruck: Die Ressourcen werden knapper, viele junge Menschen stehen vor dem Nichts. Perspektivlosigkeit wiederum macht junge Menschen zur leichten Beute von Extremisten, Terroristen oder Kriminellen.

Die Konflikte spielen sich in vielen Ländern ab und präsentieren sich regional unterschiedlich. Gibt es trotzdem Gemeinsamkeiten?

Ja. Terroristische Aktivitäten sieht man in der ganzen Sahelzone, sie machen an den Landesgrenzen nicht einfach Halt, wie etwa im Grenzgebiet zwischen Mali und Niger. So hat der nigrische Staatspräsident kürzlich überaus deutlich gesagt, er sehe sein Land durch die Instabilität im Norden Malis gefährdet. Dasselbe gilt für kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel, Waffen-, Drogen- oder Benzinhandel. Alle diese Phänomene gibt es sahelweit. Ebenfalls in der ganzen Sahelzone streiten sich immer mehr Gruppen um zunehmend knappe Ressourcen, ausserdem können die Staaten keinen Mehrwert mehr bieten, der dies auffangen könnte.

Trotz grossem internationalem Engagement gelingt keine Stabilisierung der Lage. Wieso nicht?

Die Region ist riesig – allein Mali ist fast viermal so gross wie Deutschland. Es ist deshalb unmöglich, mit den vorhandenen Mitteln überall für Sicherheit zu sorgen. Auch sind viele Regionen verkehrstechnisch nur sehr schlecht erschlossen. Dort sind militärische Operationen nur schwer durchzuführen. Ausserdem kann militärisches Eingreifen allein keine Lösungen bringen. Es müssen Perspektiven für die Menschen geschaffen werden – und das wiederum gelingt nur, wenn sich die betroffenen Staaten zunehmend stabilisieren und sich wieder selber organisieren können.

Die Staaten der Sahelzone müssen selber mehr Verantwortung übernehmen. Nur so können sie sich Respekt verschaffen.

Sie müssen sich bei den Bürgern wieder Respekt verschaffen können. Die internationale Gemeinschaft muss die Entwicklung weiter unterstützen, aber die Staaten der Sahelzone müssen selber auch mehr Verantwortung übernehmen. Dessen sind sich die Leute zwar bewusst – doch die Umsetzung braucht viel Zeit.

Das Gespräch führte Janis Fahrländer.

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