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Giftanschlag in Salisbury Auch das weltpolitische Klima wurde vergiftet

Der Fall Skripal hat im UNO-Sicherheitsrat zu einem harten Schlagabtausch geführt. Washington unterstützt Theresa May.

Rund um den Giftanschlag im britischen Salisbury bleibt noch vieles vage. Sehr konkret hingegen sind bereits die Auswirkungen auf der Weltbühne. Im UNO-Sicherheitsrat lieferten sich Grossbritannien, Russland und andere Staaten an einer Dringlichkeitssitzung einen Schlagabtausch.

Der Ton wird entsprechend schärfer. Grossbritannien, das die Sondersitzung des mächtigsten UNO-Gremiums beantragt hat, spricht nun nicht mehr nur von einer hohen Wahrscheinlichkeit, dass Russland hinter dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine steckt, sondern von Gewissheit. Das sagte der stellvertretende britische UNO-Botschafter Jonathan Allen.

Er spricht ausserdem von einem Chemiewaffenangriff, weshalb jetzt die internationale Chemiewaffenorganisation OPCW in die Untersuchung eingeschaltet wird. Das sei umso notwendiger, als in jüngster Zeit nun zum dritten Mal weltweit verbotene chemische Kampfstoffe eingesetzt worden sind – mehrfach in Syrien, dann durch das nordkoreanische Regime beim Giftmord von Diktator Kim Jong-Uns Halbbruder – und nun in England.

Klare Worte aus den USA

Erstmals stellt sich nun auch Washington entschieden hinter Grossbritannien. Während Präsident Donald Trump lavierte, sagt seine UNO-Botschafterin Nikki Haley nun klipp und klar, die USA seien überzeugt, dass Russland hinter der Attacke stecke.

So weit will sonst allerdings praktisch niemand gehen – weder UNO-Generalsekretär Antonio Guterres noch Grossbritanniens Nato-Verbündete und EU-Partner. Stellvertretend für viele verspricht Frankreichs Repräsentant François Delattre volle Unterstützung und grösste Solidarität. Aber er macht keinerlei klare Aussage zur Schuldfrage.

Russland kontert Vorwürfe

Russlands Botschafter Wassily Nebenzia wiederum bekräftigt, Russland habe mit all dem rein gar nichts zu tun. London reagiere hysterisch. Und er mutmasst überdies, Grossbritannien selber oder die USA hätten die ganze Sache angezettelt, um Russland zu attackieren.

Zu einem Beschluss kam der Sicherheitsrat wie erwartet nicht. Sicher ist hingegen inzwischen: Mit dem Anschlag von Salisbury wurden nicht nur Sergej Skripal und seine Tochter vergiftet, sondern mindestens ebenso sehr das weltpolitische Klima.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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