Worum geht es? Die israelische Marine hat im Mittelmeer nach Angaben der Organisatoren der privaten Flotte mit Hilfslieferungen für den Gazastreifen 39 von 40 Booten abgefangen. Videoaufnahmen zeigten, wie Soldaten die Schiffe enterten. Sie nahmen insgesamt mehr als 400 Besatzungsmitglieder aus Dutzenden Ländern in Gewahrsam, unter ihnen auch die schwedische Aktivistin Greta Thunberg. Alle Passagiere seien in Sicherheit und wohlauf, schreibt das israelische Aussenministerium auf X.
Was ist das Ziel der Schiffe? Nach eigener Darstellung wollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Flottille Hilfslieferungen für die Bevölkerung des von Israel und Ägypten seit Jahren abgeriegelten Gazastreifens an Land bringen. Ausserdem wollen sie gegen Israels militärisches Vorgehen im Küstenstreifen protestieren.
Wieso tangiert die Flottille die italienische Innenpolitik? Es sind auch italienische Politiker aus dem Mitte-links-Lager auf der Flottille. «Die Schiffe sind in einer humanitären Aktion unterwegs», sagt Politologe und Italien-Experte Roman Maruhn. «Nach den zwei mutmasslichen Drohnenangriffen auf Schiffe der Flottille geht es darum, dass diese Schiffe und mit ihnen die italienischen Staatsbürger nicht schutzlos sind.»
Wie reagierte die italienische Öffentlichkeit? Es kam zu Protesten. Vor dem Hauptbahnhof in Rom kamen am Mittwochabend zahlreiche Demonstrantinnen und Demonstranten zusammen. Die Zeitung «La Repubblica» berichtete, ein Demonstrationszug habe sich in Richtung des Amtssitzes von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bewegt. Sie werfen ihrer rechten Regierung vor, sich nicht solidarisch mit den Aktivistinnen und Aktivisten der Gaza-Flottille zu zeigen. In Neapel blockierten mehrere Demonstranten die Geleise des Hauptbahnhofs, wie die Nachrichtenagentur Ansa meldete. Auch in den norditalienischen Städten Mailand und Turin kam es demnach zu Protestaktionen.
Italiens grösster Gewerkschaftsverband CGIL kündigte für diesen Freitag einen landesweiten Streik an. Die Arbeitsniederlegung sei eine Reaktion auf den Stopp der Gaza-Flottille, so CGIL. Die Meloni-Regierung lasse «italienische Arbeiter in offenen internationalen Gewässern im Stich», hiess es.
Was ist die Haltung der italienischen Ministerpräsidentin? Meloni hält die Flottille für ein gefährliches Projekt. Einerseits lehnen Meloni und ihre Koalition die humanitäre Mission strikt ab – andererseits musste der italienische Verteidigungsminister aber die Marine zur Unterstützung schicken.
Gibt es einen Kompromissvorschlag? Das Angebot der israelischen Streitkräfte, die Ladung der Flottille über Häfen ausserhalb des Gazastreifens in den abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen, lehnten die Aktivisten ab.
Was sagt die Schweiz? Auch Personen schweizerischer Nationalität sind auf der Flottille. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) postete auf X, dass es von seiner Botschaft in Tel Aviv darüber informiert worden sei, dass eine Aufbringungsaktion im Gange sei. Das EDA sei bereit, ein Dispositiv zu entsenden, um den konsularischen Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten. In den letzten Wochen habe die Schweiz wiederholt darauf hingewiesen, dass sie aufgrund der hohen Risiken von Reisen in den Gazastreifen abrate. Personen, die sich dennoch für eine Reise entscheiden, tun dies auf eigene Verantwortung, betont das EDA.