Darum geht es: Mit rund 130'000 Menschen stellen die Deutschen die grösste Minderheit in Polen dar. Seit der Volkszählung 2001 hat ihre Zahl um 20'000 Menschen abgenommen. Als anerkannte nationale Minderheit im 38-Millionen-Volk geniesst sie den Schutz vor Diskriminierung. In der jahrelangen antideutschen Politik der rechtspopulistischen PiS-Partei fühlten sich immer weniger von ihnen in Polen wirklich zugehörig, berichtete kürzlich der «Deutschlandfunk». Mit der liberal-konservativen Regierung von Donald Tusk seit Ende 2023 habe sich die Stimmung aber etwas verbessert.
Die Geschichte: Zahlreiche Gebiete vornehmlich in Süd- und Südwestpolen gehörten bis 1945 zu Deutschland. Viele Deutsche wurden nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben, aber in bestimmten Regionen blieben sie sogar die Mehrheit. Hunderttausende zogen dann bereits vor dem politischen Umbruch in Mittel- und Osteuropa 1989 und auch danach gegen Westen, vor allem nach Deutschland. Heute leben die Angehörigen der deutschen Minderheit hauptsächlich in Oberschlesien, insbesondere in den Woiwodschaften Oppeln/Opole und Schlesien (Kattowitz/Katowice). Dies schreibt der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Die Anerkennung: Die Deutschen wurden erst in den 1990er-Jahren in Polen als nationale Minderheit anerkannt, wobei der juristische Status 2005 noch nachgebessert wurde. Dieser Status hilft ihnen, ihre Kultur und ihre Sprache, aber auch ihre Geschichte und nationale Identität zu pflegen. Es geht dabei um die Amtssprache in bestimmten Ortschaften, zweisprachige Ortsschilder und vor allem um den besonders geförderten Deutschunterricht.
Die PiS-Jahre: Die achtjährige PiS-Politik zeichnete sich vor allem durch eine sehr kritische Haltung gegenüber der deutschen Politik in Berlin aus, wie der Journalist Jan Opielka erklärt. Auf die deutsche Minderheit im Land habe das vor allem in einer konkreten Massnahme abgefärbt, nämlich der Reduktion des Minderheiten-Deutschunterrichts von drei Wochenstunden auf eine. Eine Massnahme, die von der neuen Regierung unter Tusk umgehend rückgängig gemacht wurde. Insgesamt sei also der Minderheiten-Status auch unter PiS gewährleistet geblieben, sagt Opielka.
Die Ursachen: Dass die deutsche Minderheit in Polen langsam schrumpft, hat laut Opielka verschiedene Ursachen. So ist ein Grossteil der Menschen, die sich zur deutschen Minderheit bekennen, schon älter und stirbt allmählich weg. Dazu kommt die anhaltende Abwanderung nach Deutschland und ins übrige EU-Ausland. Seit dem EU-Betritt Polens fällt zugleich der Vorteil weg, neben dem polnischen auch einen deutschen Pass für Reisen nach Deutschland zu haben. Und schliesslich sind es laut Opielka die jüngeren Generationen, die sich ganz einfach mit der dort dominierenden Kultur «polonisieren».
Das wertvolle Erbe: Trotz der langsam kleiner und älter werdenden deutschen Gemeinschaft gibt es weiterhin Organisationen der deutschen Minderheit, vor allem im Süden Polens, die laut Opielka gute Arbeit leisten, um Kultur, Identität und Sprache aufrechtzuerhalten. Darunter seien auch jüngere Menschen. Sie leisteten alle auch einen Beitrag zur Völkerverständigung in Polen, findet Opielka: «Weil sie so der polnischen Mehrheitsbevölkerung zeigen, dass Polen kein homogener Staat ist und es Minderheiten gibt, die es zu schützen gilt.»