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Grünteepulver aus Japan Die weltweite Matcha-Nachfrage überfordert Japans Bauern

Das leuchtend grüne Teepulver erobert gerade den Globus. Im Ursprungsland Japan stösst man zuweilen an seine Grenzen.

Aus fein gemahlenen Teeblättern hergestellt, landet Matcha längst nicht mehr nur in Teeschalen, sondern in Latte, Glace oder Müesli. Stars und Influencer feiern Matcha als Wachmacher und Superfood. Doch in seiner Heimat Japan schaut man mit Zwiespalt auf den Hype.

Nachfrage, die überfordert

In seinem Teeladen in Kyoto bereitet Jintaro Yamamoto uns einen klassischen Matcha zu: zwei Gramm Pulver, ein paar Tropfen kaltes, ein wenig heisses Wasser, dann aufschäumen mit dem Bambusschwingbesen. «So machen wir Teebauern es hier.»

Yamamoto baut Tee in sechster Generation an, trocknet die Blätter selbst und zermahlt sie in Steinmühlen im Laden zu Matcha. «Wir haben Kaufbeschränkungen», sagt er. «Bei anderen Geschäften gibt es oft nur eine Packung pro Person. Bei uns sind drei erlaubt.»

Täglich erreichen ihn zahlreiche Anfragen aus aller Welt. «Wir sind völlig überfordert. Selbst wenn wir uns nur um unsere langjährigen Grosshändler und die eigenen Verkäufe im Laden kümmern.»

Tradition vor Gewinn

Auf den Teefeldern in Uji nahe Kyoto spüren Taishi Shimizu und sein Bruder den Trend ebenfalls. Sie sind Teebauern in zehnter Generation. Taishi prüft die Pflanzen sorgfältig. Vor der Ernte decke er diese rund 40 Tage lang ab, um den typischen Geschmack zu erzeugen. Dabei werden bis zu 95 Prozent des Sonnenlichts blockiert.

Uji gilt als Zentrum der Matcha-Kultur. Obwohl hier nur noch ein verschwindend kleiner Anteil der Teeblätter für das Pulver geerntet wird. «Wir pflücken nur einmal im Jahr», sagt Shimizu. Dies im Gegensatz zu anderen Teebauern in Japan. «Mehrfachernten stressen die Pflanzen – sie sterben schneller.»

Umso begehrter ist sein Rohstoff. Heuer zahlten die Abnehmer das Zwei- bis Dreifache für die Teeblätter. Doch für Shimizu zählt die Qualität und nicht der schnelle Gewinn. Mehr pflücken kommt für ihn nicht infrage.

Regierung setzt auf Wachstum

Die japanische Regierung jedoch hat andere Ziele. Im Land­wirtschafts­ministerium in Tokio spricht der Verantwortliche für Tee in Japan, Tomoyuki Kawai, von einer Chance für die heimische Landwirtschaft.

Jahrelang war die Teeproduktion rückläufig. Dies, weil vor allem in Japan selbst die Nachfrage zurückging. Nun soll der globale Matcha-Boom genutzt werden. Mit Subventionen sollen Teebauern ihre Produktion anpassen: Abdecksysteme kaufen, Verarbeitungsanlagen bauen. Der Staat übernimmt bis zur Hälfte der Kosten dafür. Die Matcha-Produktion steigt bereits.

Balance statt Masse

Die drei Steinmühlen in Jintaro Yamamotos Laden mahlen stetig getrocknete Blätter zu Pulver – 40 Gramm pro Stunde schafft eine Mühle. Viel zu wenig für den globalen Hunger nach Matcha. Expandieren will er trotzdem nicht. «Wenn man ein Geschäft über einhundert, zweihundert oder mehr Jahre erhalten will, muss man ein Gleichgewicht finden», sagt Yamamoto. «Zu viel Gier schadet am Ende.»

Matcha ist Trend und Tradition zugleich. Während Social Media den Trend befeuern, denken Japans Teebauern an die Zukunft ihrer Pflanzen, ihrer Kultur und der nächsten Generation.

Rendez-vous, 20.10.2025, 12:30 Uhr;brus

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