Zum Inhalt springen

Handel zwischen Iran und Irak «Kleine Unternehmen wittern jetzt die grosse Chance»

Seit einer Woche sind die neuen Sanktionen gegen Iran in Kraft. Die USA drohen Ländern, die mit Iran Geschäfte treiben, mit Strafmassnahmen. Ausgenommen davon ist das Nachbarland Irak – solange die Geschäfte zwischen den beiden Ländern nicht in Dollar abgewickelt werden. Das eröffne Chancen für die Einwohner der irakischen Stadt Basra, sagt Birgit Svensson. Die deutsche Journalistin war gerade mehrere Wochen dort unterwegs.

Birgit Svensson

Journalistin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Die deutsche Journalistin berichtet seit dem Sturz von Saddam Hussein aus dem Irak. Sie arbeitet für die «Zeit», Deutschlandradio, die Deutsche Welle und für SRF.

SRF News: Haben die Menschen in Basra die Nachricht, dass sie weiterhin mit Iran Handel treiben dürfen, mit Freude aufgenommen?

Birgit Svensson: Freude ist vielleicht etwas übertrieben, aber Erleichterung, weil man Angst hatte, dass die Sanktionen auch auf den Irak Auswirkungen haben könnten. Denn inzwischen ist man sehr verbunden mit dem Nachbarland, gerade in Basra. Viele Iraker waren im Iran im Exil und sind zurückgekommen, als Saddam Hussein gestürzt wurde. Die familiären Bande sind eng. Man befürchtete, dass die Sanktionen diese Bande kappen.

Wittern Geschäftsleute in Basra das grosse Geschäft, nun, da man als eines von wenigen Ländern noch mit dem Iran Handel treiben darf?

Ja, in Wirtschaftskreisen ist schon eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren. Dass jetzt die Möglichkeit besteht, alle Warenströme, die zum Beispiel vom Golf her kommen, über den Irak in den Iran zu lenken, ist eine ganz neue Herausforderung. Basra will sich dafür in Stellung bringen, hat aber noch nicht die Kapazitäten und auch nicht die Infrastruktur, um das wirklich stemmen zu können. Es gibt auf der einen Seite Bedenken, ob Basra das schafft. Auf der anderen Seite wird natürlich gejubelt, dass diese Chance besteht.

Strassenszene in Basra
Legende: Basra, mit drei Millionen Einwohnern die zweitgrösste Stadt des Landes, liegt so nahe am Iran wie keine andere irakische Stadt. Reuters

Wie stark spürt man auf der Strasse, auf dem Markt, den Einfluss des Iran?

Die Verzahnung ist schon enorm. Man meint teilweise, dass Basra eine Provinz Irans sei. Man muss sich aber auch vorstellen: Die beiden Länder haben acht Jahre lang einen blutigen Krieg geführt. Jeder Meter am Zusammenfluss von Euphrat und Tigris in Basra wurde blutig umkämpft. Über eine Million Soldaten sind damals getötet worden. Man war jahrzehntelang verfeindet. Erst seit Saddam Husseins Sturz ist eine Lockerung eingetreten.

Von den Märkten in Basra sind iranische Lebensmittel überhaupt nicht mehr wegzudenken.

Viele Iraker sind mit iranischen Frauen verheiratet. Man sieht es auch am Strassenbild. Die Frauen kleiden sich in Basra so wie die Frauen im Iran. Und von den Märkten sind iranische Lebensmittel überhaupt nicht mehr wegzudenken. Der Iran, wenn man so will, alimentiert Basra. Im Moment liefert er vor allem Strom. Ohne Strom aus dem Iran bleibt es in Basra dunkel.

Der Irak ist von den US-Sanktionen ausgenommen. Wird Basra davon profitieren können, auch wenn es noch an der Infrastruktur fehlt?

Auf jeden Fall. Ich denke, dass sich in der nächsten Zeit viel tun wird. Vor allem bei mittelständischen Unternehmen, die nicht so sehr mit den USA verbunden sind. Grosse Unternehmen, die auch viele Geschäfte mit den USA machen, haben Angst vor den Strafmassnahmen und ziehen sich zurück. Siemens und Total zum Beispiel haben sich schon zurückgezogen. Aber kleine Unternehmen wittern die Chance, im Iran zu arbeiten, und zwar über Basra.

Das Gespräch führte Monika Glauser.

Meistgelesene Artikel