US-Präsident Donald Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski in einem Telefonat zu Ermittlungen aufgefordert haben, die dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber und früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden schaden könnten. Die Ukraine versuche, in der Affäre so neutral wie möglich dazustehen, sagt SRF-Russland Korrespondent David Nauer, zurzeit in Kiew.
SRF News: Wie stellte sich die Ukraine zur Affäre?
David Nauer: Man hatte in den letzten Tagen den Eindruck, dass die Ukraine versucht, sich weder auf die Seite Trumps noch auf die Seite der Demokraten zu stellen. Gleichzeitig belegt die Abschrift des Telefongesprächs zwischen Trump und Selenski, dass dieser den Amerikaner mit Lob überschüttet und richtig beflissen ist, ihm zu gefallen. Das Bild der neutralen Ukraine hat schon ein paar Kratzer bekommen, seit man den Text kennt.
Inhaltlich geht es um Joe Bidens Sohn Hunter. Wie steckt dahinter?
Hunter Biden war im Verwaltungsrat einer ukrainischen Gasfirma, gegen die wegen Korruption ermittelt wurde. Sein Vater Joe Biden als damaliger US-Vizepräsident hatte auf die ukrainische Regierung Druck ausgeübt und verlangt, dass der Generalstaatsanwalt entlassen wird, der auch die Ermittlungen gegen die Gasfirma führte. Auf den ersten Blick sieht das natürlich so aus, dass hier der Vater seinen Sohn vor juristischen Problemen schützen wollte.
Die Amerikaner wollten ihn weghaben, gerade weil er zu wenig gegen Korruption unternahm.
Wie schätzt man in der Ukraine den Fall ein?
Aus ukrainischer Sicht gibt es bisher keine Hinweise, dass die Vorwürfe gegen Joe Biden berechtigt wären. Denn er hatte damals viele Gründe, die Absetzung dieses Generalstaatsanwalts zu verlangen. Der Mann hatte einen sehr schlechten Ruf. Die Amerikaner wollten ihn weghaben, gerade weil er zu wenig gegen Korruption unternahm. Hinzu kommt, dass die Ermittlungen gegen die besagte Gasfirma bereits eingestellt waren, als Vater Biden den Generalstaatsanwalt angriff.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.