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Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zur Lage in Kabul
Aus Rendez-vous vom 23.08.2021. Bild: Keystone
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Humanitäre Hilfe Rotes Kreuz bleibt in Afghanistan – das wollen auch die Taliban

Seit Jahren ist die Bevölkerung Afghanistans auf humanitäre Hilfe angewiesen. Auch jetzt, da die Taliban die Herrschaft übernommen haben, bleiben die Hilfsorganisationen im Land, um die Bevölkerung zu unterstützen. Wie aber gestaltet sich ihre Arbeit? Dominik Stillhart vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz über Schwierigkeiten und Möglichkeiten.

Dominik Stillhart

Dominik Stillhart

Direktor Operationen beim IKRK

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Dominik Stillhart koordiniert als Direktor für weltweite Operationen die humanitären Einsätze des IKRK (Internationales Komitee vom Roten Kreuz).

SRF News: Wie steht es derzeit um die humanitäre Lage im Land?

Dominik Stillhart: Die Lage ist im Moment ruhig. Sie bleibt aber sehr angespannt, vor allem in den Regionen im Norden des Landes und in der Hauptstadt, wo die Taliban traditionell weniger Rückhalt geniessen bei der Bevölkerung. Die humanitäre Situation ist katastrophal nach vier Jahrzehnten Krieg, Gewalt und Misswirtschaft sowie den Auswirkungen von Covid-19 und der momentanen Dürre.

Was brauchen die Leute im Moment am dringendsten?

Die grössten Problemstellungen gibt es bei der Grundversorgung. In Afghanistan haben der Staat und der öffentliche Sektor zumindest in den letzten Jahren einigermassen eine Grundversorgung hingekriegt in den grösseren Städten. Die grosse Frage ist nun, wer diese Grundversorgung aufrechterhalten kann in den nächsten Wochen, weil das Geld langsam fehlen wird.

Eine Frau sitzt auf einem Spitalbett in einem Spital in Kabul.
Legende: Die Coronapandemie hat den Alltag der afghanischen Bevökerung zusätzlich erschwert. Reuters

Können die Mitarbeitenden des IKRK derzeit ihre Aufgaben wahrnehmen?

Wir haben in all diesen Jahren den Kontakt zu den Taliban nie abgebrochen. Und wir haben relativ glaubwürdige Zusicherungen von den Taliban gekriegt, dass wir nicht nur arbeiten können, sondern auch sollen. Unsere Büros sind offen. Wir haben 1800 Mitarbeitende vor Ort, davon etwa 100 IKRK-Delegierte.

Wir haben relativ glaubwürdige Zusicherungen von den Taliban gekriegt, dass wir nicht nur arbeiten können, sondern auch sollen.
Autor:

Sie haben Kontakt zu den Taliban?

Es ist im Moment nicht ganz klar, wer wofür verantwortlich ist. Wir brauchen die Kanäle, die wir in all den Jahren gebraucht haben. Aber es wurde keine neue Regierung ausgerufen. Im Moment sprechen wir einfach mit diesen Leuten, mit denen wir jahrelang gesprochen haben. Das sind Leute, die relativ hohe Stellen besetzen bei den Taliban.

Lassen die Taliban das IKRK und auch die Frauen im Moment gewähren?

Wir haben diese Zusicherungen. Gerade in den Spitälern sind die meisten Angestellten Frauen. Auch in unseren Orthopädiezentren arbeiten viele Frauen. Wenn die Frauen nicht arbeiten können, gibt es riesige Probleme bei der Grundversorgung. Aber das Vertrauen der Frauen ist wahrscheinlich nicht da.

Wenn die Frauen nicht arbeiten können, gibt es riesige Probleme für die Grundversorgung.
Autor:

Wie sieht es aus mit Nachschub an Gütern?

Es ist eine extrem schwierige Situation am Flughafen in Kabul. Aber es gibt Landwege, die offen sind. Der Vorteil, das muss man herausstreichen, ist natürlich, dass der Krieg zu Ende ist. Es gibt keine Kämpfe mehr. Von daher sind die Zugangsstrassen von Pakistan und von anderen Ländern einfacher zu befahren. Der Nachschub kann von da hereinkommen.

Werden die Mitarbeitenden des IKRK, aber auch die Einheimischen, im Land bleiben?

Die Bilder vom Flughafen in Kabul sind nicht repräsentativ für die Lage vor Ort. Natürlich gibt es Tausende, vor allem ehemalige Mitarbeiter der militärischen Koalition und von Botschaften westlicher Länder, die rauswollen mit ihren Familien.

Die Bilder vom Flughafen in Kabul sind nicht repräsentativ für die Lage vor Ort.
Autor:

Aber bis jetzt sieht man keine Massenauswanderung, so wie wir das in Syrien gesehen haben. Vieles wird davon abhängen, wie sich die wirtschaftliche Lage weiterentwickelt und ob diese Grundversorgung, gerade im medizinischen Bereich oder bei der Elektrizität, aufrechterhalten werden kann.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Video
Kinderhilfswerk Unicef will in Afghanistan bleiben
Aus Tagesschau vom 22.08.2021.
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Rendez-vous, 23.08.2021, 12:30 Uhr;

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