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Der ukrainische Blick auf das Impeachment-Verfahren
Aus Echo der Zeit vom 22.01.2020. Bild: Reuters
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Impeachment und die Ukraine «Trump fällt in die Kategorie Lady Gaga oder Taylor Swift»

Ist Donald Trump als Präsident noch tragbar? In den USA wird diese Frage in den nächsten Tagen im Senat entschieden. Die Vorwürfe gegen ihn haben mit der Ukraine zu tun. Das rückt das Land, das wegen der Annexion der Krim durch Russland und den Konflikt in der Ostukraine sowieso schon Spielball der internationalen Politik ist, noch stärker in den Fokus. Der ukrainische Präsident sitze derzeit zwar noch fest im Sattel, sagt der Journalist Denis Trubetskoj. Doch das könne sich ändern.

Denis Trubetskoj

Denis Trubetskoj

Journalist

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Denis Trubetskoj ist pro-ukrainischer Journalist und Kolumnist. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für ukrainische und deutschsprachige Medien.

SRF News: Ist man in der Ukraine eher für oder eher gegen Trump?

Denis Trubetskoj: Trump wird in der Ukraine als eine Art ausländische Celebrity wahrgenommen. Für ganz normale Bürger fällt er in die Kategorie Lady Gaga oder Taylor Swift. Kaum jemand weiss wirklich, was er politisch macht. Daher ist die Einstellung hier grundsätzlich etwas anders als in Westeuropa. Er ist für viele nicht unbedingt das grosse Gesicht des Bösen, sondern eine neutrale Unterhaltungsfigur. Die politisch aktive Minderheit in Kiew tendiert dazu, gegen ihn zu sein, wobei die Interessen der Ukraine im Vordergrund stehen.

Es heisst, Trump habe Präsident Selenski am Telefon zu Ermittlungen gegen einen Widersacher gedrängt. Wie sieht man das in der Ukraine?

Das, was Selenski in den letzten Monaten abgeliefert hat, wird sogar von seinen Kritikern mit ziemlich grossem Verständnis angenommen. Es ist ein Balanceakt: Bei dem Telefonat hat er versucht, irgendwie die Sympathien des US-Präsidenten zu gewinnen. Dabei sind auch einige komische Sachen herausgekommen. Das vergisst die Öffentlichkeit nicht so schnell.

Es zerbrechen sich viele die Köpfe, wie man darauf reagieren soll.

Aber mit Selenski an sich ist sie ziemlich zufrieden. Grundsätzlich ist es eine unglückliche Situation fürs ganze Land, so in die Weltpolitik zu geraten. Und es zerbrechen sich viele die Köpfe, wie man darauf richtig reagieren soll.

Selenski am WEF
Legende: Selenski am WEF: Momentan stehen seine Wähler ebenso wie seine Kritiker noch hinter ihm. Reuters

Selenski betont immer wieder, die Ukraine sei ein unabhängiges Land und er selber sei auch unabhängig – und zwar allen gegenüber, nicht nur gegenüber den USA. Glaubt man ihm das in der Ukraine?

Ihm persönlich glaubt man das schon. Aber man darf nicht vergessen, dass es in seiner Partei einen grossen Teil gibt, der prowestlich ist, also für die Demokraten in den USA. Und dieser Teil besetzt Schlüsselpositionen in der Regierung. Und es gibt einen weiteren wichtigen Flügel, der dem Oligarchen Ihor Kolomoiski gegenüber freundlich eingestellt ist. Gegen ihn wird wegen Geldwäsche ermittelt – angeblich auf Wunsch der Demokraten. Trotzdem gibt es keine ernsthaften Gründe zu glauben, dass Selenski in der Trump-Affäre eigene Interessen hat. Er wird von der Öffentlichkeit denn auch in Schutz genommen, teils sogar von seinen Kritikern, und von denen gibt es genug.

Wie gross sind die Auswirkungen der Affäre auf die Politik in der Ukraine?

Sehr gross. Vor allem aussenpolitisch, denn die Trump-Affäre ist für den politisch unerfahrenen Selenski eine grosse Herausforderung. Er darf einerseits nicht allzu viele Fehler machen. Andererseits ist die Ukraine von US-Unterstützung mittlerweile sehr stark abhängig. Egal ob die Demokraten oder die Republikaner die Wahlen gewinnen: Kiew muss unbedingt aufgrund der Auseinandersetzung mit Russland gute Beziehungen zu Washington pflegen.

Je näher die Wahlen in den USA rücken, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler passieren.

Bisher gelang es Selenski, hier mehr oder weniger gut den Spagat zu halten. Aber Fehler können jederzeit passieren. Und je näher die Wahlen in den USA rücken, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass solche passieren, auch aufgrund der komplizierten Situation innerhalb seiner eigenen Partei.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

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