Fast 54 Millionen Wahlberechtigte Ägypterinnen und Ägypter sind dazu aufgerufen, einen Präsidenten zu wählen. Bei der zweitägigen Abstimmung soll die Bevölkerung einen Nachfolger für den im August 2013 vom Militär gestürzten Islamisten Mohammed Mursi ernennen.
Sisi dürfte neuer Präsident werden
Als klarer Favorit gilt der frühere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, der starke Mann in Ägypten seit der Absetzung Mursis. Sisis einziger Gegenkandidat ist Hamdin Sabahi aus dem linksgerichteten politischen Lager, dem aber kaum Chancen eingeräumt werden. Drei Jahre nach der Revolution gegen den Autokraten Husni Mubarak greift das Militär damit wieder nach dem höchsten politischen Amt im Land am Nil.
Sisi gilt Umfragen zufolge als der starke Mann, dem die meisten Ägypter zutrauen, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. «Allein das macht ihn unwiderstehlich», sagt SRF-Korrespondent Philipp Scholkmann in Kairo. Als ehemaliger Armee- und Geheimdienstchef sei Sisi in den Augen der meisten Ägypter der richtige Mann zur Stunde.
Kein klares Programm – ausser Sicherheit
An Sisis Beliebtheit ändert auch nichts, dass das Militär unter ihm einen harten, auch international kritisierten Kurs zur Niederschlagung der islamistischen Muslimbrüder einschlug. Seit Beginn des Arabischen Frühlings Anfang 2011 ist Ägypten in die blutigste Phase seiner jüngeren Geschichte gefallen.
«Sisis politisches Programm blieb im Wahlkampf sehr schwammig», stellt Scholkmann fest. Das habe viele Menschen im Land überrascht und enttäuscht. Der Ex-General habe offenbar kaum Ideen, wie er die darbende ägyptische Wirtschaft ankurbeln will. Unklarheit bestehe auch in Bezug auf die Rechtssicherheit, so der Korrespondent. Dies halte viele potenzielle Investoren davon ab, sich wirtschaftlich zu engagieren.
Menschen sehnen sich nach Stabilitiät
Die Bevölkerung hat genug von Unruhen, Massenprotesten und Gewaltexzessen. «Viele Menschen sehnen sich mehr nach Stabilität als nach Freiheit», stellt Scholkmann denn auch fest. Vor allem unter jungen Ägyptern gebe es aber auch Bedenken, mit dem Ex-General als Präsident wieder in die repressiven Zeiten Mubaraks zurückzufallen.
Sisis Gegenkandidat Sabahi sei in der nun anstehenden Wahl zwar chancenlos, sagt Korrespondent Scholkmann. Doch er versuche wohl, sich als eine Art Oppositionsführer aufzubauen, denn schon bald stünden Parlamentswahlen an.
Die Muslimbrüder, deren Regierung Sisi im vergangenen Jahr abgesetzt hatte, wollen die Wahl boykottieren. Viele Anhänger der Islamistenbewegung wurden seit nach dem Umsturz inhaftiert. Berichte über Folter in den Gefängnissen erinnern an die Zustände unter Langzeitherrscher Mubarak.