
Offener Machtkampf am Nil: Nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi liefern sich Anhänger und Gegner des Islamisten blutige Strassenschlachten mit vielen Toten und Verletzten. Auf der Halbinsel Sinai drangen Hunderte Islamisten in der vergangenen Nacht in das Gebäude des Gouverneurs in Al-Arisch in der Provinz Nord-Sinai ein. Dabei erlitten 18 Menschen Schussverletzungen.
Sicherheitskräfte griffen nicht ein
Bei dem Angriff soll gemäss Sicherheitskreisen auch ein Priester der koptischen Christen erschossen worden sein. Zuvor hatte der Kopten-Papst Tawadros die Amtsenthebung von Präsident Mohammed Mursi begrüsst und sich damit den Zorn der Muslimbruderschaft zugezogen. Tawandros ist spiritueller Führer der etwa acht Millionen Christen im Land.
Am Mittag befanden sich immer noch Dutzende Islamisten in dem Amtsgebäude, wie Augenzeugen berichteten. Die Sicherheitskräfte griffen nach eigenen Angaben nicht ein, um weiteres Blutvergiessen zu vermeiden.
30 Tote nach Zusammenstössen
Bereits am Freitag kam es zu Angriffen in Al-Arisch. Dabei wurden fünf Polizisten getötet. Auch in der Hauptstadt Kairo kamen am Freitagabend mehr als zwei Dutzend Menschen bei gewaltsamen Auseinandersetzungen ums Leben. Mehrere Tote gab es in der Küstenstadt Alexandria. Die staatliche Nachrichtenagentur Mena berichtete von mehr als 460 Verletzten, das Gesundheitsministerium in Kairo von mehr als 1100.
Bewaffnete Bereitschaftspolizisten bezogen nun an mehreren Strassenkreuzungen und Brücken Stellung. Die Sicherheitskräfte bereiten sich auf neue Zusammenstösse mit Anhängern der entmachteten Staatsführung vor.
Besonders ausgeprägt war die Spannung rings um die Universität Kairo, wo die islamistischen Muslimbrüder Barrikaden errichteten und den Sicherheitskräften Porträts ihres entmachteten Idols Mohammed Mursi entgegenstreckten.
Neue Extremisten-Gruppe
In den vergangenen Tagen hat sich zudem eine neue Extremisten-Gruppe formiert. Ansar al-Scharia gab ihre Gründung auf einer Internet-Seite bekannt. Die Absetzung des Islamisten Mursi sowie die Schliessung von TV-Sendern und der Tod von islamistischen Demonstranten laufe auf eine Kriegserklärung gegen den Islam in Ägypten hinaus, hiess es dort. Darüber berichtete die US-Organisation Site, die sich auf die Beobachtung von Islamisten-Foren im Netz spezialisiert hat.
Ansar al-Scharia macht für die Auseinandersetzungen am Freitag säkulare Gruppen, Anhänger des früheren Präsidenten Husni Mubarak, koptische Christen, Sicherheitskräfte und das Militär verantwortlich.
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Mubarak-Prozess fortgesetzt
Diese verwandelten das Land in «einen Kreuzritter und ein weltliches Monster». Al-Scharia kündigte an, sich für das islamische Recht – die Scharia – einzusetzen. Dieses sollte notfalls auch mit Gewalt verteidigt werden. Dazu würden Waffen gesammelt und mit der Ausbildung der Mitglieder begonnen.
Inmitten der Turbulenzen um die Entmachtung seines Nachfolgers ist am Samstag der Prozess gegen Ägyptens früheren Staatschef Hosni Mubarak fortgesetzt worden. Vor Beginn der mittlerweile vierten Anhörung vor dem Strafgerichtshof in Kairo plädierte die Verteidigung erneut auf Freispruch für ihren Mandanten.
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