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International Deutschland – USA: Eine Hassliebe

Der scheidende US-Präsident Obama trifft sich in Berlin ein letztes Mal mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zeit, auf die Höhen und Tiefen der deutsch-amerikanischen Freundschaft zurückzublicken.

In Berlin, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel heute den abtretenden US-Präsidenten Barack Obama empfängt, wurde der Grundstein der deutsch-amerikanischen Freundschaft gelegt.

Spätestens als die Amerikaner 1948 das von der Sowjetunion besetzte Westberlin via Luftbrücke mit Lebensmitteln versorgte, war das Bündnis geboren. 1963 dann hielt John F. Kennedy seine berühmte Rede vor dem Schöneberger Rathaus und versprach: «Ich bin ein Berliner!» Sollte heissen: Wer Berlin angreift, greift die USA an.

Wichtige Hilfe bei der deutschen Wiedervereinigung

Und das waren damals nicht nur leere Versprechungen, Deutschland verdankt den USA viel. Nach dem Zweiten Weltkrieg und auch während der deutschen Wiedervereinigung leisteten die Amerikaner wichtige wirtschaftliche und politische Hilfe. US-Präsident Ronald Reagan forderte 1987 vor dem Brandenburger Tor die Öffnung der Mauer: «Mister Gorbatschow, tear down this wall!»

Rund 17 Millionen amerikanische Soldaten lebten nach Angaben des deutschen Auswärtigen Amtes seit dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Familien in Deutschland und brachten den «American way of life» ins Land.

Proteste gegen den amerikanisch geführten Vietnamkrieg

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Die erste Welle des Anti-Amerikanismus kam mit dem Vietnamkrieg ab 1968: In zahlreichen öffentlichen Protesten machten die Deutschen ihrem Unmut über das amerikanische Vorgehen in Vietnam Luft.

Das bestätigt auch eine Berliner Passantin, die SRF am Tag des Obama-Besuchs vor dem Schöneberger Rathaus trifft: «Ich habe ein sehr gemischtes Amerika-Bild», gesteht sie. Früher ging sie gegen den Vietnamkrieg auf die Strasse, heute ist sie durch ihren Sohn, der in die USA ausgewandert ist, eng mit den Staaten verbunden.

1981 sagten rund 57 Prozent der Deutschen, Amerika sei das Land, das sich am stärksten für Freiheit und Menschenrechte einsetze. Heute widersprechen 63 Prozent dieser These. Das Pendel schlägt regelmässig auf beide Seiten aus.

Von Trump hat die Mehrheit eine schlechte Meinung

Auch mit der Wahl Trumps zum 45. US-Präsidenten bleibt das Verhältnis zwiegespalten. Eine weitere Passantin sagt: «Wir fühlen uns dem amerikanischen Volk nach wie vor verbunden. Aber es ist schwierig, wenn sie einen solchen Präsidenten wählen.»

Eine Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie bestätigt die deutsche Hassliebe zu Amerika. Von John F. Kennedy und Barack Obama hatten rund 80 Prozent eine gute Meinung. Vom neugewählten Donald Trump haben wiederum 85 Prozent eine schlechte Meinung.

Letzter Obama-Besuch in Berlin

Im politischen Berlin war man überrascht, als Barack Obama ankündigte, er wolle sich nochmals persönlich in der deutschen Hauptstadt verabschieden . Will er wirklich nur seine Wertschätzung ausdrücken? Im Auswärtigen Amt hat man das Gefühl, er wolle Deutschland sozusagen die Fackel der Freiheit in die Hand drücken. Eine Fackel, die man in Berlin nicht wolle, weil sie zu schwer sei.

Am Nachmittag trifft Obama sich ein letztes Mal mit Angela Merkel, seiner «wichtigsten Partnerin», wie er sie einst bezeichnete. Mit der Wahl von Donald Trump könnte Merkel bei einer erneuten Kandidatur vor allem wichtig werden, um den neuen Präsidenten an die Werte zu erinnern, die Deutschland wichtig sind: Demokratie, Freiheit, der Respekt vor dem Recht und die Würde des Menschen nannte Merkel in ihrer Rede zur Wahl und sagte: «Auf der Basis dieser Werte biete ich dem zukünftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine enge Zusammenarbeit an.»

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