Seit Anfang Jahr hat der Republikaner Mitch McConnell das Sagen im Senat. In einem etwas amateurhaft produzierten Video zum Jahresende strahlt der steife Mann aus Kentucky wie ein Maikäfer in die Kamera.
Das Volk habe den Republikanern im Repräsentantenhaus und im Senat die Mehrheit gegeben – mit dem Ziel, die Gesetzgebungsblockade in Washington zu durchbrechen. Genau dieses Versprechen hätten sie nun eingelöst, erklärt McConnell.
Im Jahr 2015 war der Kongress ungewöhnlich produktiv: Autobahnfinanzen, Geheimdienste, Krankenkasse für Senioren. In diesen und in weiteren Dossiers wurden wichtige, überfällige Gesetze verabschiedet. Darüber hinaus wurde noch ein Budget für die nächsten zwei Jahre festgelegt.
Nur den Job gemacht
«Unser Parlament hat ausnahmsweise das getan, was es eigentlich immer tun sollte», relativiert Steven Billet von der George Washington Universität. Nämlich: Probleme lösen und Gesetze verabschieden. Im letzten Jahr seien diese Aufgaben zwar besser gemacht worden, stellt er fest. Das allein sei aber noch kein Grund für die Politiker, sich selber auf die Schultern zu klopfen, findet der Politologie-Professor.
Dennoch ist die Dynamik der letzten Monate interessant. Mitch McConnell hat im Senat mehr Debatten und mehr Anträge zugelassen als sein Vorgänger, der Demokrat Harry Reid. Das hat Kompromisse mit den Demokraten gefördert.
Es brodelt bei den Republikanern
Zudem gelang es McConnell, die Heisssporne in seiner eigenen Partei im Zaun zu halten. In der anderen Kammer, im Repräsentantenhaus, brachten die Tea-Party-Hardliner zwar Speaker John Boehner zu Fall, aber sie zeigten sich gegenüber Boehners Nachfolger Paul Ryan ungewohnt umgänglich und gaben ihren radikalen Widerstand auf.
Für den Moment jedenfalls: Denn es brodelt an der republikanischen Parteibasis. Viele Tea-Party-Anhänger sind enttäuscht von ihren eigenen Vertretern in Washington. Sie hatten nach dem Wahlsieg und in Unkenntnis des politischen Systems erwartet, dass die Republikaner im Kongress ihre Agenda ohne Rücksicht auf die Demokraten durchdrücken würden.
Keinen Deut besser als die Demokraten
Mehr Kompromisse war das letzte, was sie wollten. Konservative Radio-Moderatoren sprechen diesen Wählern aus der Seele. Die Republikaner würden nicht mal mehr vorgeben, dass sie eine Oppositionspartei zur Obama-Regierung seien, donnert etwa der einflussreiche Rush Limbaugh. Viele Republikaner seien keinen Deut besser als die Demokraten.
Politologie-Professor Billet ist gespannt, ob die republikanische Führung die Tea-Party auch nächstes Jahr in Schach halten kann. Beim Geld konnte die Teaparty-Fraktion in der Vergangenheit grossen Druck ausüben. Doch für einmal sind diese haushaltspolitischen Fragen schon geregelt. Auch das ist für Washington ungewöhnlich.
Republikaner denken über Steuerreform nach
Budgetstreit, Verschuldungs-Obergrenze und die Verwaltung herunterfahren: all das sei bis nach den Wahlen im Herbst 2016 vom Tisch, sagt Billet. Das gebe etwas Luft für einen normaleren Kongressalltag.
Derzeit läuft es sogar so rund, dass einige Republikaner bereits laut über eine Steuerreform nachdenken – die erste seit 1986. Wahrscheinlicher ist, dass nächstes Jahr das pazifische Freihandelsabkommen (TPP) angenommen wird und eine Strafrechtsreform durchkommt. Für Präsident Barack Obama indes ist klar: Er halte die Augen offen und werde alle sinnvollen Kompromisse sofort unterschreiben und in Kraft setzen.