Schimon Peres – Stationen im Leben eines Jahrhundert-Politikers
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Bild 1 von 12. Ein Jahrhundertpolitiker ist tot: Der als Szymon Perski im heutigen Weissrussland geborene Schimon Peres wurde 1959 erstmals in die Knesset, das israelische Parlament, gewählt. Er war zweimal als Israels Staatsoberhaupt und zweimal als interimistisches Staatsoberhaupt tätig. Die Politkarriere des 92-Jährigen dauerte 66 Jahre. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 12. Als ehemaliger israelischer Premierminister sprach er 1996 vor der Knesset – und warnte seinen Nachfolger Benjamin Netanyahu davor, den Friedensprozess im Nahen Ostern scheitern zu lassen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 12. Drei Friedens-Nobelpreisträger stecken die Köpfe zusammen: Der damalige israelische Aussenminister Schimon Peres (l.). und Premierminister Jitzchak Rabin (r.) mit dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat (m.) am Erez-Checkpoint an der Grenze zum Gazastreifen, 1994. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 12. Im Dezember 1995 begrüssen sich Peres und Arafat zum ersten Mal nachdem Peres das Amt angetreten hatte. Das Treffen fand kurz nach der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin durch einen jüdischen Extremisten statt. Rabin war ein wichtiger Fürsprecher eines Friedensprozesses gewesen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 12. Peres empfängt mit der ehemaligen Ministerpräsidentin Golda Meir den ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat bei dessen historischen Besuch in Jerusalem 1977. Sadat war der erste arabische Staatschef, der offiziell Israel besuchte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 12. Schimon Peres legt am Sarg des ehemaligen israelischen Premierministers und Generals Ariel Scharon in Jerusalem einen Kranz nieder. Scharon hatte die letzten Lebensjahre im Koma gelegen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 12. Nachdem im Frühling 2014 die Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern abgebrochen wurden, traf Papst Franziskus Schimon Peres. Er rief dazu auf, für den Frieden zu beten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 12. Noch in den letzten Tagen seines Amtes nahm Peres an der Beerdigung von Naftali Fraenkel teil. Er war einer der drei Teenager, die 2014 von muslimischen Extremisten entführt und ermordet wurden. Hier ist Peres mit Fraenkels Eltern zu sehen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 12. Im Juni 2014 trafen sich Schimon Peres, der griechsich-orthodoxe Patriarch Bartholomäus, Papst Franziskus und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Vatikan – zum gemeinsamen Friedensgebet. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 12. Peres' Nachfolger als Israels Staatspräsident Reuven Rivlin trat am 24. Juli 2014 sein Amt an. Rivlin gilt als nationalistischer Likud-Hardliner, macht sich aber für ethnische Minderheiten stark, so auch für die arabischen Israelis. Er ist gegen eine Zweistaatenlösung, sondern unterstützt eine Einstaatenlösung, was eine kontroverse Haltung ist. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 12. Ex-Präsident Schimon Peres gratuliert Rivlin zu dessen Präsidialamt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 12. Zum Ende seines Lebens kämpfte Peres vermehrt mit Herzproblemen. Alleine im Januar 2016 musste er wegen Infarkten zweimal in Spital eingeliefert werden. Bildquelle: Reuters.
Wer einen Friedensnobelpreis bekommt wie Schimon Peres, der muss ein Friedensstifter sein. Entsprechend lauten am Tag nach Peres' Tod auch viele Würdigungen im Ausland. In Israel selber aber war Peres weit weniger beliebt.
Fredy Gsteiger war in den 1990er-Jahren Nahostkorrespondent der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» und hat Peres mehrere Male interviewt.
SRF News: Schimon Peres war international bewundert, daheim aber umstritten. Warum?
Fredy Gsteiger: Im Ausland sehen viele primär den Friedenspolitiker Peres, den Mann, der für die Versöhnung mit den Palästinensern kämpfte. Die Israelis hingegen haben ein differenziertes Bild. Sie sehen vor allem auch den Machtpolitiker Peres, einen Mann, der seine Positionen oft veränderte, dem es stets auch darum ging, wichtige politische Ämter zu bekleiden. Peres war äusserst lange im politischen Geschäft in Israel, aber wirklich beliebt war er dort nicht. Er verlor viele Wahlen.
Sie zeichnen das Bild eines Opportunisten. Wie zeigte sich denn dieser Opportunismus?
Peres setzte sich durchaus überzeugend für die Zweistaatenlösung ein. Andererseits spielte er in den früheren Jahren durchaus eine wichtige Rolle beim Bau der ersten israelischen Siedlungen im besetzten Gebiet – also genau jene Siedlungen, die eine Zweistaatenlösung so schwierig machen. Peres spielte auch eine wichtige Rolle als einer der Gründerväter des israelischen Atomprogramms. Zudem diente er sich in späteren Jahren dem rechten Premierminister Ariel Scharon an, weil er unbedingt wieder Minister werden wollte.
War denn Peres‘ Haltung, dass es neben dem Staat Israel noch einen Staat Palästina brauche, Opportunismus oder Überzeugung?
Mit zunehmenden Jahren war Peres echt der Überzeugung, dass Israel langfristig eine Versöhnung mit Palästina finden muss. Es ist auch unumstritten, dass Peres einer der Architekten des Osloer Friedensabkommens war.
Für diese Initiative bekam Peres zusammen mit Jassir Arafat und Izchak Rabin 1994 den Friedensnobelpreis. Erhielt er diesen zu früh?
Das ist gut möglich, aber das könnte man auch bei Arafat und Rabin sagen. Tatsache ist: Die Osloer Abkommen wären heute wohl weder in Israel noch in Palästina mehrheitsfähig. Zurzeit dominiert abgrundtiefes Misstrauen. Nur wenige auf beiden Seiten sehen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und Palästina.
Peres machte über 60 Jahre Politik: Was ist sein Vermächtnis?
Im Ausland wird er in Nachrufen oft als Gandhi von Israel gepriesen. In Israel selbst respektiert man zumindest eine äusserst lange Politikerkarriere. Man nimmt dort Abschied von einem der letzten Grossen der Gründergeneration Israels. Das inhaltliche Vermächtnis aber ist nicht ganz so klar, zumal Peres eben nicht nur der Friedenspolitiker war, sondern auch ein schillernder Machtpolitiker. Es ist offenkundig: Vieles von dem, wofür Peres stand, etwa die Zweistaatenlösung, liegt heute in Scherben.
Das Gespräch führte Simon Leu.