Es war ein privates Gespräch zwischen der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton und dem estnischen Aussenminister Urmas Paet. Ein Gespräch, in dem die beiden vor gut einer Woche ihre Eindrücke über ihren Besuch in Kiew austauschten.
Wer das Telefon abgehört hat, ist unklar. Im Wortlaut publiziert hat es als erste die estnische Tageszeitung «Postimees». Aussenminister Paet hat die Echtheit des Gesprächs mittlerweile bestätigt.
Darin zeigte sich Estlands Aussenminister vor allem besorgt darüber, wie wenig Vertrauen die ukrainische Bevölkerung und Zivilgesellschaft in die Übergangsregierung habe. Der Grund: Auch in der jetzigen prowestlichen Regierung gebe es Mitglieder mit einer schmutzigen Vergangenheit.
Parteimitglieder unter Druck
Paet spricht von Mitgliedern der Partei des gestürzten Präsidenten Janukowitsch, die von der neuen Führungsriege unter Druck gesetzt würden. Und sie erhielten nachts unerwünschte Besuche. Dies obwohl die Mitglieder sich vom gestürzten Präsidenten Janukowitsch abgesetzt haben und sogar hinter der neuen Regierung in Kiew stehen.
Besonders irritiert waren Paet und Ashton, weil die neue ukrainische Führung die Todesschüsse der Scharfschützen, die damals über hundert Todesopfer gefordert hatten, offenbar nicht untersuchen lassen will.
Die beiden beriefen sich auf die Aussage einer Ärztin, wonach die tödlichen Einschüsse aus dem gleichen Waffentyp stammten – bei den Opfern auf Seiten der Polizisten und der Aktivisten. Das russische Staatsfernsehen präsentierte dies sofort als Beweis dafür, dass es nur eine Seite gewesen sein kann.
Keine unabhängige Untersuchung
Doch wer steckt hinter den Scharfschützen? Sonderpolizisten, gewalttätige Maidan-Aktivisten oder sogar der russische und ukrainische Geheimdienst? Zu diesen Fragen äusserten sich weder Ashton noch der estnische Aussenminister. Dazu bräuchte es eine Untersuchung von unabhängiger Seite. Aber eine solche will die neue Führung in Kiew offenbar nicht.
Sollte dies zutreffen, tut sich die neue ukrainische Regierung damit keinen Gefallen – und provoziert den Gedanken: Wer etwas nicht untersuchen lassen will, hat selbst was zu verbergen.