Es sind die bekannten Fakten. Der Bericht listet sie nüchtern auf. Und er macht damit die Perspektive der vier Mitglieder des Nahost-Quartetts klar auf die Situation.
Sie ist düster. Der gegenwärtige Kurs lasse das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung in zunehmende Ferne rücken. Der Bericht kritisiert die israelische Siedlungspolitik in vielen Details. Seit Beginn des Oslo-Prozesses im Jahr 1993, an dessen Ende ein Friedenschluss zwischen Israelis und Palästinensern stehen sollte, hat sich die Zahl der israelischen Siedler im besetzten Gebiet mehr als verdoppelt; in der Zone C, in welcher Israel die vollständige Kontrolle sich selbst vorbehält, sogar verdreifacht.
Selbst illegale Siedlungen werden geduldet
Der Bericht kritisiert die andauernde Besiedlung, aber auch die Tatsache, dass mehr als zwei Drittel dieser Zone C einseitig zur exklusiven israelischen Nutzung ausgeschieden seien und Palästinenser selbst im restlichen Teil dieser Zone praktisch keine Aussicht hätten, auf ihrem Land je eine Baubewilligung zu erhalten. Dies, während die israelische Regierung in der besetzten Westbank dazu neige, selbst wilde Siedlungen zu akzeptieren, die ohne formelle Bewilligung der Regierung erreichtet wurden. Rund einhundert solcher, sogar nach israelischer Auffassung illegaler Aussenposten existierten.
Sie würden geduldet, manche im Nachhinein legalisiert, kritisiert der Bericht. Stellungnahmen von israelischen Ministern, wonach es gar keinen palästinensischen Staat geben sollte, liessen legitime Zweifel aufkommen, was das längerfristige Ziel der israelischen Politik sei. Mit andern Worten, ob es Israel tatsächlich ernst sei mit dem Bekenntnis, an der Zweistaatenlösung festhalten zu wollen, fragen die vier Parteien des Quartetts, USA, Russland, EU und UNO.
Das Gremium kritisiert die Siedlungspolitik. Aber auch die Gewalt an Zivilisten und die Hetze. Ausdrücklich werden palästinensische Organisationen ins Visier genommen, die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, vor allem aber die islamistische Hamas. Sie sei für die explizitesten Formen der Anstiftung zur Gewalt verantwortlich, rufe offen zu Gewalt gegen Juden und zu Terrorismus auf.
Kritik an Gewaltaufrufen auf beiden Seiten
Aber israelische Extremisten riefen ihrerseits «Tod den Arabern». Das Quartett verurteilt scharf die palästinensische Gewalt, stellt aber gleichzeitig fest, dass extremistische Ideologien einen gefährlichen Einfluss auf beide Seiten hätten.
Ein Abschnitt des Berichts ist dem Gazastreifen gewidmet, dem von Israel umzäunten und verarmten palästinensischen Küstenstreifen, und der miserablen Lage dort. 1,3 Millionen Einwohner seien angewiesen auf humanitäre Hilfe.
Die meisten hätten weniger als den halben Tag Strom. Nur fünf Prozent des Wassers sei trinkbar. Der Bericht kritisiert aber auch die Rolle der radikalislamischen Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, die Aufrüstung, den Tunnelbau und die Produktion und den Abschuss von Raketen.
Deeskalieren und verhandeln als einziger Weg
Das Quartett spricht nüchtern auch von der gewaltigen Arbeitslosigkeit und der chronischen Unterentwicklung im Gazastreifen. Es weist darauf hin, dass Israel Exporte aus Gaza sieben Jahre lang verhindert habe, und sie im Moment keinen Fünftel dessen ausmachten, was vor der Machtübernahme durch die Hamas aus Gaza exportiert werden konnte. Die Kritik ist präzise, die Sorgen der Staaten klar.
Es ist bemerkenswert, dass sich auch die USA der Kritik anschlossen. Doch wird der Bericht etwas ändern? Es gebe keine Alternative zu einer Verhandlungslösung, schliessen die vier Schwergewichte der internationalen Diplomatie. Und sie fordern dringend Deeskalation auf der ganzen Linie.
Wie weit die beiden Seiten davon entfernt sind, zeigte allen der heutige Tag. Auf eine Serie von palästinensischen Anschlägen im Süden der Westbank reagiert die israelische Regierung, in dem sie die Stadt Hebron abriegelte. Und sie kündigte an, einmal mehr palästinensische Zollgelder zurückzubehalten.