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International Spionage-Affäre: Obama spielt den Ball ans Parlament

Enthüllungen über Spitzelaktionen der US-Regierung im Internet haben ein weltweites Echo ausgelöst. Branchenriesen bestreiten ihre Mitwirkung an Undercover-Aktionen vehement. «Niemand hört Ihr Telefon ab», beschwichtigt derweil Obama.

Bespitzelung in der Schweiz?

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Laut Medienberichten spioniert die US-Regierung flächendeckend Nutzer von Google oder Facebook aus. Möglich, dass auch bei Schweizer Usern mitgelesen wurde. Allerdings ist spionieren gar nicht immer nötig: Rund 90 Prozent der Informationen im Netz sind frei zugänglich. Mehr dazu hier.

Die Chefs von Google und Facebook haben mit Nachdruck den Vorwurf zurückgewiesen, dem US-Geheimdienst uneingeschränkten Zugang zu Nutzer-Daten zu gewähren.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg versicherte, dass sein Online-Netzwerk sich gegen jede Anfrage nach freiem Daten-Zugang «aggressiv» gewehrt hätte.

«Wir sind keinem Programm beigetreten, das der US-Regierung oder jeder anderer Regierung direkten Zugang zu unseren Servern gewähren würde», schrieb auch der Google-Mitgründer Larry Page in einem Blogeintrag. Es müsse mehr Transparenz geben, fordert er.

Kongress stützt Späh-Aktionen

Die Internet- und Telefon-Überwachung durch den US-Geheimdienst stösst im Kongress überwiegend auf Zustimmung. Republikaner wie Demokraten zeigten sich überzeugt von dem Argument der US-Regierung, dass ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Datenschutz gefunden werden müsse.

Zwar müsse geprüft werden, ob diese Balance gewahrt worden sei, sagte die demokratische Senatorin Barbara Boxer aus Kalifornien. «Aber es steht ausser Frage, dass diese Programme Leben gerettet haben.»

«Von grossem Nutzen»

Ihr republikanischer Kollege Marco Rubio äusserte sich ähnlich. Zwar wolle das amerikanische Volk die Sicherheit haben, dass es nicht von der Regierung überwacht werde. «Derartige Programme sind von grossem Nutzen», erklärte er.

Obama versucht indes die Wogen zu glätten: «Niemand hört Ihr Telefon ab.» Die Geheimdienste könnten Gespräche nur abhören, wenn sie die Erlaubnis eines Richters hätten. Die Übersicht über die Abhör-Aktionen sei gewährleistet durch ein Gericht. Und: «Mehrheiten im Parlament haben beide Programme abgesegnet.»

Obama spielt den Ball ans Parlament: «Die Telefon-Abhörungen seien vom Parlament abgesegnet worden. Das Parlament hat die Möglichkeit, die Überwachungsprogramme zurückzubinden.»

Mehr zur Abhöraffäre

Medien: Spione und Firmen kooperierten

Die Enthüllungen waren von «Washington Post» und «Guardian» ans Tageslicht gebracht worden. Zusammen mit der Bundespolizei FBI habe der Nachrichtengeheimdienst (NSA) direkt die zentralen Rechner von grossen Internet-Firmen angezapft. Der Zugriff sei sogar mit Zustimmung der Unternehmen erfolgt.

Den Angaben zufolge haben sich diese Internet-Firmen daran beteiligt: Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, PalTalk, AOL, Skype, YouTube und Apple. Die Unternehmen erklärten, es gebe keine «Hintertür» zu ihren Servern. Daten würden an Behörden nur auf der Basis eines Gerichtsbeschlusses übergeben.

Dias als Beweismaterial

Die «Washington Post» beruft sich bei ihren Angaben auf eine interne Programm-Präsentation für leitende NSA-Analysten.

Stimmen die Berichte, dann haben sich die Geheimdienstler Zugang zu Videos, Fotos, E-Mails, Dokumenten und Kontaktdaten verschafft. Dadurch seien Analysten in der Lage, die Bewegungen und Verbindungen von Personen über längere Zeiträume hinweg zu verfolgen, berichtet die Zeitung.

Gemäss den Angaben wurde das geheime Programm mit dem Code-Namen «PRISM» bereits 2007 unter George W. Bush ins Leben gerufen. Es wurde im Laufe der Zeit ausgeweitet. Papiere, die für die täglichen Briefings des Präsidenten vorbereitet würden, stützten sich mittlerweile grösstenteils auf Erkenntnisse aus diesem Programm. PRISM koste rund 20 Millionen Dollar im Jahr – was für eine Datensammlung in dieser Dimension wiederum als sehr wenig erscheint.

US-Präsident räumt Datensammlung ein

Zuvor räumte US-Präsident Barack Obama ein, dass die NSA ebenfalls Telefondaten von Privatkunden des US-Telekom-Konzerns Verizon sammelt und auswertet. Die Regierung bestätigte damit einen Bericht der Online-Ausgabe der britischen Zeitung «The Guardian». Demnach liefert Verizon täglich Millionen von Telefonverbindungsdaten an die NSA. Mit der Lieferung der Daten könnten bekannte oder verdächtige Terroristen entdeckt sowie ihr Beziehungsnetz erkannt werden.

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