«Eine Aktivistin in Liberia hat mir gesagt, dass wohl nur fünf Prozent der internationalen Gelder dort ankommen, wo sie gebraucht werden», schildert ARD-Westafrikakorrespondent Alexander Göbel die Situation in den von Ebola heimgesuchten Ländern in Westafrika gegenüber SRF.
Die milliardenschweren Hilfsfonds, die von internationalen Geldgebern wie der UNO und der EU zur Ebola-Bekämpfung zur Verfügung gestellt worden sind, würden zum Grossteil für Gehälter, Reisekosten, Fahrzeuge und horrende Mieten für Unterkünfte für die Helfer gebraucht. «Daran verdienen libanesische Geschäftsleute, denn ihnen gehören die Hotels und Restaurants.»
Hilfe bloss um der Hilfe willen
Wenn die Angaben der erwähnten Aktivistin stimmten, «dann zeigt das, dass der Hilfsapparat so nicht funktioniert», sagt Göbel. Vielmehr sei unter dem Deckmantel der Hilfe eine «selbstreferenzielle Struktur» geschaffen worden, die mit dem Ziel, Hilfe zu leisten, immer weniger zu tun habe.
Die plötzlich in grosser Menge vorhandenen Geldmittel hätten in den betroffenen Ländern weniger ein Verantwortungsgefühl als vielmehr Begehrlichkeiten geweckt. Einige Nichtregierungsorganisationen suchten explizit nach möglichen Projekten, die «irgendetwas mit Ebola» zu tun hättten – nur um an begehrte Fördergelder heranzukommen. «Es geht vor allem darum, sich selber im Geschäft zu behalten», sagt Göbel. Dies sei die eine Seite der pervertierten Hilfe.
Helfer verschwenden Geld
Die andere Seite zeige sich etwa in von Libanesen geführten Spitzenhotels in Liberias Hauptstadt Monrovia. Dort residierten die Helfer der grossen Organisationen, vor dem Hotel stehe der blank polierte Geländewagen. Drinnen diskutiere man über den Hunger im Landesinnern, wo man niemals einen von diesen Geländewagen sehen werde.
Göbel bilanziert: «Das ist schon eine grosse Schräglage. Da fragt man sich, was mit dem ganzen Geld passiert und wer sich eigentlich um die Opfer im Landesinnern kümmert.»
Ebola hat viele Menschen traumatisiert
Dabei seien in den drei hauptbetroffenen Ländern Liberia, Guinea und Sierra Leone nach dem massiven Ebola-Ausbruch viele Menschen traumatisiert, so Göbel. Erst jetzt kämen sie dazu, um die Verstorbenen zu trauern. Die letzten Monate hätten sie damit verbracht zu schauen, nicht selber infiziert zu werden. «Jetzt zeigt sich dieses Ganze Trauma erst so richtig.» Manche Menschen hätten ihre Familien verloren und stünden nun vor dem Nichts. In anderen Familien seien die Eltern gestorben und die Kinder müssten nun für sich alleine und ihre kleineren Geschwister sorgen.
Auch seien nicht nur viele Menschen an Ebola gestorben, sondern wegen dem Ebola-Ausbruch an anderen Krankheiten wie Malaria, Typhus oder Meningitis. Denn durch Ebola sei entweder die Behandlung dieser Krankheiten nicht mehr möglich gewesen oder aber laufende Impfprogramme seien gestoppt oder unterbrochen worden. «Das wird noch Folgen für die Gesundheit in der Gesellschaft haben», zeigt sich der ARD-Korrespondent überzeugt.