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Internet-Regulierung EU will Wilden Westen im Internet beenden

Die digitalen Grosskonzerne wie Google, Apple, Facebook, Amazon, Twitter, Tiktok und weitere endlich bändigen: Das ist das erklärte Ziel der Europäischen Union. Für die Umsetzung verantwortlich ist Frankreich, das noch bis Mitte Jahr die rotierende Präsidentschaft innehat.

Konkret geht es darum, mit zwei neuen Gesetzen mehr Ordnung zu schaffen in der virtuellen Welt, dem Grundsatz folgend: Was in der analogen, althergebrachten Geschäftswelt gilt, soll künftig selbstverständlich auch im Internet gelten. Die Hoffnung der Europäer ist nun, dass auch die USA auf den Zug aufspringen

Neue Wettbewerbsregeln

Die neue Ordnung soll in zwei Schritten geschaffen werden. Bereits vor einigen Wochen konnten sich das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedsstaaten auf neue Wettbewerbsregeln einigen, an die sich Internet-Konzerne halten müssen. Das war Schritt Eins.

Damit soll die gängige Geschäftspraxis unterbunden werden, dass zum Beispiel Amazon in seinen Online-Shops eigene Vertriebskanäle systematisch bevorteilt. Oder dass Google in Suchresultaten nach Traumdestinationen nicht auf den ersten 20 Plätzen nur Reiseempfehlungen von Online-Ticket-Shops anzeigt, an denen das Unternehmen beteiligt ist, also mehrfach abkassiert.

Schritt Zwei gelang in der Nacht auf Samstag. Der französische Digitalminister drängte auf einen Abschluss. Denn am Sonntag wird in Frankreich gewählt.

Strengere Regulierungen und Sanktionsmöglichkeiten

Am Ende einer Marathon-Schluss-Verhandlungsrunde einigten sich Parlament und EU-Staaten tatsächlich auf eine strengere Regulierung auch der Inhalte, beziehungsweise Dienste, die online auf Informations- und Vermittlungs-Plattformen verbreitet werden.

Etwa: Wenn eine Einkaufsplattform, gefälschte Luxus-Uhren betreibt, soll diese sanktioniert werden können. Das Gesetz zwingt die Betreiber von Online-Shops, die Identität ihrer Lieferanten zu überprüfen.

Oder: Wenn eine Video-Tausch-Plattform Kinder-Porno-Bilder nicht innerhalb kürzester Zeit entfernt, wird diese mit hohen Strafen belegt.

Oder: Wenn eine Nachrichten-Plattform nachweislich Falsch-Informationen verbreitet, Personen diffamiert, Hass-Kommentare oder rassistische Wortmeldungen nicht unterbindet, wird diese bestraft.

Völlig neue Standards für grosse Firmen

Die Europäische Union greift mit beiden Gesetzen massiv in die digitale Wirtschaftsordnung ein. Trotz allem ist der Eingriff massvoll. Er setzt nämlich auf ein grosses Mass an Selbstverpflichtung.

Nur die Grossen sind betroffen, jene mit mehr als 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer. Die Plattformen müssen interne Überwachungsinstrumente einführen und mindestens jährlich diese offenlegen. Die Mittel müssen verhältnismässig zum Risiko von Missbrauch sein. Unabhängige Behörden prüfen das. Bei Verstoss drohen extrem hohe Bussen. Das soll mässigend wirken.

Keine heile Internetwelt

Die Gesetze werden keine neue heile Internetwelt schaffen. Technologie hat immer einen Vorsprung auf die ordnende Hand von Aufsichtsbehörden.

Im besten Fall provozieren die neuen Auflagen bei den grossen Fischen im Teich endlich einen Kulturwandel, hin zur Selbstverpflichtung, von der letztliche alle profitieren: Produzentinnen, die Betreiber von Online-Plattformen und ihre Konsumentinnen, die Nutzer der Dienste.

Wenn das gelingt, schafft die EU tatsächlich einen neuen globalen Standard. Das wäre eine europäische soziale Marktwirtschaft im Internet.

Charles Liebherr

EU-Korrespondent

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Charles Liebherr ist EU-Korrespondent von Radio SRF. Davor war er unter anderem in der SRF-Wirtschaftsredaktion tätig, später war er Frankreich-Korrespondent. Liebherr studierte in Basel und Lausanne Geschichte, deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie.

SRF 4 News, 23.04.2022, 09:00 Uhr

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