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Internetzensur in Myanmar «Sie kontrollieren unsere Handys auf der Strasse»

Das Internet unterliegt einer strengen Zensur. Für die betroffene Bevölkerung hat das schwerwiegende Folgen.

Nach über drei Stunden warten endlich ein Zeichen auf der App: Mu Dah ist online. Die 20-jährige Studentin lebt derzeit im Mon-Staat, im Südosten des Landes. Wie viele ihrer Landsleute kämpft auch sie mit dem Internetzugang.

Mu Dah heisst in Wirklichkeit anders, zu ihrem Schutz verwenden wir ein Pseudonym. Das Gespräch findet auf einer App statt, die noch nicht gesperrt ist.

Gesperrte VPN-Apps

Facebook ist die beliebteste soziale Medien-Plattform in Myanmar. Doch: Facebook ist wie viele andere Plattformen von der Junta gesperrt worden. Um darauf zuzugreifen, nutzt Mu Dah eine sogenannte VPN-App. Damit umgeht sie die Zensur via Server ausserhalb des Landes. Sie muss immer wieder neue VPNs finden, die noch nicht gesperrt sind.

Silhouette eines Soldaten bei Sonnenuntergang in bergiger Landschaft.
Legende: Soldaten können die Handys der Leute auf der Strasse jederzeit kontrollieren und beispielsweise nach verbotenen Apps suchen. Reuters

Doch damit nicht genug. Zwar hat Mu Dah jetzt einen neuen VPN-Anbieter, die Verbindung ist aber alles andere stabil. Ausserdem traut sie sich nur zu Hause in der Wohnung, die App zu nutzen. Sobald sie raus auf die Strasse gehe, dürfe sich nicht vergessen, die App vorher von ihrem Handy zu löschen. Die Nutzung dieser VPNs ist nämlich verboten.

Internet «abgestellt»

Soldaten der Junta kontrollieren die Handys an ihren Checkpoints. Bürgerinnen wie Mu Dah sind der Willkür der Beamten ausgeliefert. Verbotene Inhalte wie Kritik an der Militärjunta oder eben auch die Installation von VPNs könnten sie in Gefahr bringen.

Ich weiss nicht, wie es meiner Mutter geht. Und sie weiss nicht, wie meine Situation hier aussieht.
Autor: Mu Dah 20-jährige Studentin in Myanmar

Das Regime zensiert nicht nur Webseiten und Plattformen, sondern stellt sogar in ganzen Regionen immer wieder den Internetzugang ab.

Davon betroffen ist auch Mu Dahs Familie. Sie lebt rund fünf Stunden Autofahrt von ihr entfernt. In der Region kämpfen Truppen der Junta gegen bewaffnete Widerstandsgruppen. Nicht einmal die Telefonleitung funktioniere derzeit, erklärt sie. «Ich weiss nicht, wie es meiner Mutter geht. Und sie weiss nicht, wie meine Situation hier aussieht.»

Zensurhilfe aus China

Im neuesten Bericht der Nichtregierungsorganisation «Freedom House» ist Myanmar auf der Rangliste der «Internet-Freiheit» weiter abgerutscht und teilt sich mit China den letzten Platz.

Myanmars Militärjunta soll von Chinas Erfahrung im Gebiet der Online-Zensur profitieren. Laut einer Untersuchung der verdeckten Recherche-Gruppe «Justice for Myanmar» greift die Junta für die Cyber-Überwachung und die Sperrung von VPNs nämlich auf chinesische Technologie und chinesisches Knowhow zurück.

Wenn sie nicht rangehen, weiss ich nicht, ob sie besetzt sind, der VPN nicht funktioniert oder ob ihnen etwas zugestossen ist.
Autor: Aung Aung Burmesischer Unternehmer, lebt derzeit in Thailand

Betroffen von der zunehmenden Zensur sind auch Unternehmen im Land. Wir treffen den Chef einer burmesischen Consulting-Agentur in Bangkok. Aung Aung, der in Wirklichkeit ebenfalls anders heisst, leitet seine Firma von Thailand aus. Trotz der Zensur versucht er weiterhin, Werbung auf Facebook zu buchen.  

Die Junta hat inzwischen eine eigene Plattform gestartet. Sie heisst «MySpace» und ist unter der Kontrolle des Regimes. Dort Anzeigen zu schalten, kommt für Aung Aung aber nicht infrage. Er wolle auf keinen Fall mit der Junta zusammenarbeiten.

Sorge um Angehörige

Aung Aung selbst lebt zwar ausserhalb Myanmars, ein grosser Teil der Angestellten befindet sich aber nach wie vor im Land. Auch seine Familienangehörigen leben in Myanmar.

Manchmal vermisse er sie, und würde gerne mit ihnen sprechen. «Wenn sie nicht rangehen, weiss ich nicht, ob sie besetzt sind, der VPN nicht funktioniert oder ob ihnen etwas zugestossen ist.»

Echo der Zeit, 12.11.2024, 18:00 Uhr

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